
Sie heißen Dollarprinzessin, Blaimschein oder Bujatti. 14 außergewöhnliche Wiener Villen portraitieren Robert Bouchal und Johannes Sachslehner in ihrem neuen Buch.
Geradezu akribisch und unheimlich detailreich werden die Recherchen zu den Villen wie auch ihren oft wechselnden Besitzern präsentiert: Ob Details zur Architektur und Einrichtung der meist 100 oder mehr Jahre alten Gebäude oder Hintergrund zu den Errichtern und Bewohnern. Geschmückt sind die Kapitel mit unzähligen kleinen Geschichten und Anekdoten und – so verheißt es der Untertitel – den „Geheimnissen“ der Villen.
Was viele der Gebäude gemeinsam haben: Die meisten wurden grob um 1900 erbaut, sind selten im Originalzustand und so gut wie nie mit originaler Möblierung anzutreffen und wurden von ihren Bauherren meist nur kurz bewohnt. Letzteres lag natürlich an den Enteignungen jüdischen Eigentums ab 1938 durch die Nazis, aber oft auch am wirtschaftlichen Crash der Eigentümer.
Ein Kapitel widmet sich mit Heinrich von Ferstel, dem Architekten u.a. der Votivkirche, der aber auch Miterfinder des Cottage-Viertels war. Er baute sich selbst 1864 in der Himmelstraße 45 „ein Haus wie eine Burg“. Sein „Familienhaus“ sollte die Anforderungen an seine Vorstellungen eines bürgerlichen Heims erfüllen: Bequem, wohnlich, billig und abgeschlossen gegenüber den Nachbarn.
Quasi den architektonischen Gegenpool im Buch bildet die Villa Beer in der Wenzgasse 12, 1929 geplant von Josef Frank und Oskar Walch. Das Haus zählt zu den bedeutendsten Beispielen der Wohnkultur der Zwischenkriegszeit. Familie Beer, durch Kautschuk reich geworden, freute sich nur etwa ein Jahr über die Villa. Dann musste man verkaufen. Später wohnten hier Richard Tauber und Jan Kiepura mit Marta Eggerth und Marcel Prawy.
Die Autoren sparen auch nicht mit Kritik am historischen wie auch gegenwärtigen Umgang mit den „Zeugen der Wiener Vergangenheit“: „Meilensteine sind praktisch unzugänglich geworden“ schreiben Bouchal und Sachslehner: Die Villa Kratzer ist von der Republik China streng abgesichert. Das Haus Moller von Adolf Loos darf ohne Genehmigung der israelischen Botschaft nicht einmal von außen fotografiert werden. Andere Villen sind mehr oder weniger dem Verfall preisgegeben. Die Eigentümer der Villa Schratt in der Gloriettegasse 9, eine Immobilienfirma, „möchten nicht gestört werden“. Und an die Stadt Wien und die Republik wird am Ende die Frage gerichtet, wie sie es „mit der Villenkultur generell halten“.
Wiener Villen und ihre Geheimnisse; Johannes Sachslehner & Robert Bouchal; 240 Seiten; Styria Verlag; 35 Euro.
