Auf der Spur verfallener Orte

1766
Verfallene Lokomotivfabrik (Pauker Werke). Bild: Lukas Arnold.
Verfallene Lokomotivfabrik (Pauker Werke). Bild: Lukas Arnold.

Verfallene Orte in Wien präsentieren Marcello La Speranza und Lukas Arnold in ihrem neuen Buch. Und davon gibt es in unserer Stadt reichlich: Das Spektrum reicht von den mittlerweile abgerissenen Paukerwerken in der Siemensstraße, über vergessene Luftschutzkeller bis zu verloren gegangenen Häusern.

La Speranza und Arnold sind in ihrem Buch top-aktuell: So wurde etwa ein letztes Mal das Leiner-Haus auf der Mariahilfer Straße akribisch dokumentiert. „Vieles wurde bereits zerstört. Eine wachsende Stadt entwickelt sich weiter, wir können diesen Prozess nicht aufhalten“, erklären die beiden Autoren, „aber wir freuen uns, wenn wir bauliche Juwele oder einfach nur marode Hinterlassenschaften aus der Zeit unserer Eltern und Großeltern entdecken, die noch nicht im Großstadtgetriebe zerrieben worden sind.“

Floridsdorf ist im Buch gleich mehrmals vertreten, etwa durch leerstehende Werkstätten in Strebersdorf oder durch die nicht nur verfallenen, sondern mitterweile nicht mehr existierenden Paukerwerke an der Siemensstraße (großes Bild). Die wurden 1907/08 erbaut und produzierten Turbinen, Dampfkessel, Wagons und Lokomotiven. Die Autoren über ihren Besuch: „Wir staunten über den heruntergekommenen Zustand der leeren Hallen. Stumm und hilflos schienen sie sich der ungewissen Zukunft ergeben zu haben.“ Wo einst die Silberpfeile der Wiener U-Bahn gebaut wurden, werden bald neue Büros entstehen.

Der Friedhof am Wienfluß. Bild: Lukas Arnold.
Der Friedhof am Wienfluß. Bild: Lukas Arnold.

Teilweise werden bekannte Orte wie der St. Marxer Friedhof oder Flaktürme besucht. Letztlich stehen aber die weniger glamourösen Orte wie seit Jahrzehnten aufgegebene Keller, eine ehemalige Gärtnerei oder ein abgebranntes Gasthaus in Penzing im Mittelpunkt des reich bebilderten Buches.

Oft geht es in den Untergrund, aber auch alte Fassaden und verblasste Reklametafeln werden festgehalten: Gezeigt wird nicht das schicke Wien, sondern das vergilbte, verstaubte, vergessene, verfallene und ein wenig morbide. So beschäftigt sich ein eigenes Kapitel mit Grabsteinen im Flußbett der Wien (siehe kleines Bild).

Das Buch ist ein Kaleidoskop des ständigen Verfalls von Wien. Der Zersetzungsprozess vollzieht sich schnell oder langsam, öffentlich oder im Verborgenen. La Speranza und Arnold beschreiben eine Welt, die fern ist und gleichzeitig auch sehr nah.

Verfallene Orte in Wien. Bild: Lukas Arnold.
Verfallene Orte in Wien. Bild: Lukas Arnold.


Verfallene Orte in Wien von Lukas Arnold & Marcello La Speranza. 160 Seiten, 192 Abbildungen, 29,10 €. ISBN 978-3-96201-096-6