Der mündliche Vertrag!

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c: Rimser
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Stein

„Aber ich hab doch gar nichts unterschrieben …“ Ein weitverbreiteter Rechtsirrtum ist die Ansicht, dass nur schriftliche Verträge gültig sind. Das ist so aber nicht richtig. Tagtäglich werden tausende Verträge abgeschlossen ohne, dass überhaupt etwas verhandelt oder ausdrücklich erklärt wurde. Bezahlen Sie im Supermarkt die gewählte Ware haben Sie bereits einen Kaufvertrag abgeschlossen (hier durch Entsprechung, wie es im Juristendeutsch heißt).

Und das selbst dann, wenn Sie den Kassier nur gegrüßt haben. Zum Vertragsabschluss kommt es nämlich immer dann, wenn ein Angebot angenommen wird. Also wenn Sie z.B. im Eissalon nach dem Preis für ein Eis fragen, wird Ihnen die Verkäuferin den Preis pro Kugel nennen. Das ist ein Angebot. Bestellen Sie dann zwei Kugeln Eis haben Sie das Angebot der Verkäuferin angenommen, pro Kugel Eis den genannten Preis zu bezahlen. Das ist die Annahme des Angebotes; der (Kauf-)Vertrag ist damit gültig zustande gekommen. Sobald ein Vertrag geschlossen wurde ist man daran gebunden und kann diesen nicht mehr einseitig ändern.

Bestimmte Verträge müssen aber tatsächlich schriftlich (so z.B. eine Bürgschaft) oder vor einem Notar abgeschlossen werden. Das ergibt sich im Einzelfall aus dem Gesetz. Grundsätzlich gilt aber: Mündliche Verträge sind gültig und binden die Vertragspartner, sodass nicht einfach vom Vertrag zurückgetreten werden kann.

Ein kleines ungewöhnliches, rechtliches Detail am Rande zum ersten Beispiel in meiner Kolumne: Die in einem Geschäft (oder Schaufenster) ausgepreiste Ware ist rechtlich nur die Einladung zum Stellen eines Anbotes durch den Kunden. Die Angestellten können das Angebot, die Ware zum angegeben Preis zu kaufen auch ablehnen, so z.B. wenn ein Fehler beim Auspreisen passiert ist.