Der T-Shirt Imker vom Bisamberg

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Aram Ghadimi bei der Arbeit bei seinen Bienenstöcken an der ‘Alten Schanze’. Fotos: Copyright: http://www.jakobgsoellpointner.com
Aram Ghadimi bei der Arbeit bei seinen Bienenstöcken an der ‘Alten Schanze’. Fotos: Copyright: http://www.jakobgsoellpointner.com
Stein

Im Paradies fließ​en​ Milch und Honig. In Floridsdorf gibt es zwar keine Milchbauern mehr. Aber trotz harter Winter und ​Varroamilbe ist unser Bezirk für eine Millionenstadt ein Paradies für Bienen. Auch Dank Aram Ghadimi​. Der junge Wiener betreibt seit bald zwei Jahren eine Bio-Imkerei an den Ausläufern des Bisambergs. Ein immer dichter verbauter Bezirk wie Floridsdorf ist ein Paradies für Bienen? Ja! Zumindest an den Rändern. Von 700 in Österreich heimischen Wildbienenarten leben am Bisamberg​ mehr als die Hälfte. Und wer aufmerksam durch den Bezirk spaziert, etwa in der Schwarzlackenau, wird auch im Siedlungsgebiet immer häufiger Honigbienenstöcke finden.

Lieblingsbezirk Floridsdorf

Für Aram Ghadimi​ war es im Sommer 2014 eine Sinnsuche, die ihn zu den ​schwarzgelben Insekten brachte: „Bienen produzieren Überschuss, den Honig, und geben ihn an andere ab. Eine wunderbare Eigenschaft!” Zunächst sollte es noch ein Stock am Balkon sein, dann folgte die Standortsuche. Eigentlich wollte er sich im Donaufeld ansiedeln: „Floridsdorf mit dem Mix aus Industrie, Dörfern und viel Grünraum ist mein Lieblingsbezirk. Ich wollte im Donaufeld heimisch werden. Dass hier einer der besten Böden Österreichs verbaut wird ist sehr schmerzlich.”

Aram Ghadimi. Fotos: Copyright: http://www.jakobgsoellpointner.com
Aram Ghadimi. Fotos: Copyright: http://www.jakobgsoellpointner.com

Naturdenkmal Alte Schanze

Ein Glücksfall brachte den 28-Jährigen in Kontakt mit den Betreibern des ‘Biohofs No. 5’. Alexandra und Oliver Kaminek​ haben auch die Flächen direkt am Stadtwanderweg oberhalb des ‘Herrenholz’ gepachtet. Hier wurden er und seine mehr als 50 Völker heimisch. Innerhalb kurzer Zeit mutierte er zum professionellen Erwerbsimker. Mit klaren Vorstellungen: Die Produktion seiner Bio Imkerei Alte Schanze soll regional, nachhaltig, biologisch, pestizidfrei, leistbar und im Einklang mit der Naturlandschaft sein. „Ich möchte kein Designprodukt herstellen!”

Die Alte Schanze 10 bei Stammersdorf, einer der historischen Verteidigungshügel am nord-östlichen Stadtrand Wiens, ​hat ​einen einzigartigen Charakter. Ghadimi​: „Am Fuße des Bisambergs, im Bereich des heutigen Naturdenkmals Alte Schanze herrscht ein besonderes Mikroklima. Der magere Boden bringt seltene Pflanzen hervor, wie sie kaum an einem anderen Ort zu finden sind.​” Deshalb verdankt der Bio-Imkereibetrieb Alte Schanze diesem besonderen Stück Natur seinen Namen.​​

Bio bedeutet doppelten Aufwand

Biologische Bienenzucht bedeutet im Kampf gegen die verheerende Varroamilbe nur organische Mittel wie Ameisen- oder Milchsäure einzusetzen, Lagerung in Edelstahlgefäßen und nicht in Plastik, Naturwabenbau und Einfüttern von Jungvölkern ausschließlich mit Biofutter. All das unter regelmäßigen Kontrollen. Die Produktionskosten verdoppeln sich so. Ein Viertelkilo Honig kostet bei Ghadim​i fünf Euro. Heuer sollen seine Carnika-Völker circa eine Tonne „hellen und intensiven Sommerblütenhonig“ produzieren. Zweite Einnahmequelle ist der Verkauf von Königinnen und Bienenvölkern: „Heuer war ich rasch ausverkauft. Mein Ziel ist klar: Ich will erstklassigen Honig produzieren und Kollegen erstklassige Bienen anbieten können!” ​Zusatz: „Das zahlt sich aus​ und garantiert starke und vitale Bienenvölker. ​Gesunde Bienen sind glückliche Bienen!”​​​ Aber a​uch ​s​eine​n​ Bienen hat der Wintereinbruch zu schaffen gemacht!

Raps macht Bienen abhängig

Allerdings weniger als die Supermarktkonkurrenz. Denn die bietet ein Kilo Honig um drei Euro an, oft aus Osteuropa importiert. Ghadim​i: „Und sie heften sich sogar Bio-Freundlichkeit auf die Kappe. Niemand sagt den Konsumenten, dass dieser Bio-Imker seine Bienen vielleicht neben der Autobahn hat.”

 

 

Aram Ghadimi. Fotos: Copyright: http://www.jakobgsoellpointner.com
Aram Ghadimi. Fotos: Copyright: http://www.jakobgsoellpointner.com

Aber sogar in der Abgeschiedenheit der​ Stammersdorfer Trockenrasenlandschaft gibt es Probleme. In Form naher Rapsfelder, die „alle mit dem Insektizid Neonicotinoide​ gespritzt werden”. ​Der Stoff macht die Bienen​, die sich in einem 10-Kilometer-Radius bewegen,​ Raps-abhängig. Ghadimi​: „Bienen kommen vergiftet zurück, es hängt ihnen die Lunge raus. Leider spielt die Politik hier Bauern gegen Imker aus.​” Der Job als ‚Herr der Bienen‘ hat aber auch nette Seiten: „Als Imker wirst du extrem positiv aufgenommen. Keine fünf Prozent sagen: Honig schmeckt mir nicht. Die meisten Wanderer kommen mit mir ins Gespräch und fragen mich zum Beispiel, wie oft ich von meinen Bienen gestochen werde!” Die Antwort ist ein wenig angsteinflößend: Sehr oft. Denn: Aram ist T-Shirt- I​mker,​ arbeitet immer ohne Schutzkleidung​.​ „Ich hatte auch schon ​50 Stiche an einem Tag. Mir tut dann jede Biene leid, denn sie sterben ja. Ich nenne das Kollateralschaden!” Wer Aram Ghadimi​ unterstützen will, er sucht ​Vertriebspartner und eine ​80m​2​ Produktionsstätt​e.​ www.organicbees.at –HANNES NEUMAYER

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