Neuerlich Aufregung im Stadterweiterungsgebiet Donaufeld: Im westlichen Teil wurden „Abbruch-, Rodungs- und Mulcharbeiten in der Nordmanngasse 60 im Donaufeld und die unweigerliche Vernichtung streng geschützter Arten und deren Lebensräume nach sich gezogen hätten“ gestoppt – sagt die Initiative ‚Freies Donaufeld‘. Der wohnfonds_wien betont in einer Stellungnahme, „es handelt es sich nicht um die Vorbereitung von konkreten Baumaßnahmen“.
Die Nordmanngasse 60 liegt im westlichen Teil des Stadterweiterungsgebietes Donaufeld, nahe dem Fußballplatz. Bautätigkeiten sind hier erst in einer dritten Entwicklungsphase geplant. Wann und ob hier überhaupt gebaut wird, steht in den Sternen. Es gibt keinen Zeitplan, keine Flächenwidmung oder gar einen Baubescheid. Realistisch tut sich hier vor 2030 nichts.
„In den letzten Tagen ließ der Wohnfonds Wien … ohne Genehmigung durch die Naturschutzabteilung, Abbruch-, Rodungs- und Mulcharbeiten durchführen. Die MA 22 hat auf unsere Meldung hin rasch reagiert und einen sofortigen Stopp der Arbeiten verfügt. Trotzdem wurden sie am Samstag, 19.2.2022 fortgesetzt! Die hier anzutreffenden Arten – Wechselkröte, Neuntöter (Singvogel) und Fledermäuse – sind nach europäischer FFH- und Vogelschutz-Richtlinie streng geschützt, ihre Gefährdung und Tötung stellen ein schweres Vergehen gegen europäisches Naturschutzrecht da“, so die Initiative Freies Donaufeld. Sie hielt am Montag eine Mahnwache ab. Auf dem Gelände der Nordmanngasse 60 befindet sich ein altes Haus, in welchem das Vorkommen geschützter Fledermausarten anzunehmen ist sowie ein kleiner Teich, der jedes Jahr von der Wechselkröte als Laichgewässer genutzt wird, behauptet die Initiative.
wohnfonds_wien: Sicherungsarbeiten
Der wohnfonds_wien führt auf der Liegenschaft Sicherungsmaßnahmen im Rahmen der üblichen Grundstücksverwaltung durch und erklärt: „Es ist vorgesehen die mittlerweile ungenutzten Gebäude, die sich teils in schlechtem baulichen bzw. in gefährdenden Zustand befinden und nicht weiter benötigt werden, abzubrechen. Die Objekte wurden auch in den letzten Monaten immer wieder widerrechtlich betreten. Im Vorfeld der Arbeiten hat der wohnfonds_wien eine Abbruchbewilligung der MA 37 – Baupolizei, sowie eine positive Stellungnahme Zustimmung der MA 19 – Stadtgestaltung erwirkt. Auch ein Baumgutachten wurde erstellt, um sämtliche Maßnahmen mit dem Baumschutzgesetz abzustimmen“.
Die MA22 (Umweltbehörde) war ebenfalls vor Ort, deren Stellungnahme liegt der DFZ vor: „Am 16. Februar 2022 wurde durch unsere Amtssachverständige für Natur- und Artenschutz ein Ortsaugenschein in Wien 21., Nordmanngasse 60, durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass auf den Grundstücken Nr. 1047/1 und 1048/1, beide KG Donaufeld, Bautätigkeiten (insbesondere beginnende Räumungs- und Abbrucharbeiten an Gebäuden) im Gange waren. Die Amtssachverständige stellte weiters fest, dass die auf den genannten Grundstücken vorhandenen Häuser Lebensraum von streng geschützten Fledermausarten sein können. Weiters kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die genannten Grundstücke Lebensraum weiterer geschützter Tierarten sind.“
Die MA22 hat als Naturschutzbehörde bereits den Grundstückseigentümer schriftlich auf diese Tatsachen sowie auf die geltenden artenschutzrechtlichen Verbote des Wiener Naturschutzgesetzes hingewiesen. Vor Abbruch der Gebäude sind diese durch einen Fledermausexperten auf ein Vorkommen von Fledermäusen zu kontrollieren. Maßnahmen mit schwerem Gerät auf unbefestigtem Boden, im Bereich des vorhandenen Laichgewässers und des ehemaligen Glashauses oder zur Entfernung von Bäumen oder Sträuchern dürfen bis auf Weiteres nicht vorgenommen werden. Alle weiteren Schritte – insbesondere auch zur Klärung der Frage, welche Schutzmaßnahmen für geschützte Arten vorgesehen werden – sind mit der Stadt Wien – Umweltschutz abzustimmen.
„Aufgrund des Schreibens der MA 22 – Umweltschutz vom 17.02.2022, hinsichtlich der Vermutung, dass geschützte Tierarten in diesem Bereich vorkommen, hat der wohnfonds_wien die Abbrucharbeiten umgehend eingestellt und die Baustelle infolge gesichert“, sagt wohnfonds_wien-Geschäftsführer Gregor Puscher. Er sichert eine artenschutzrechtliche Erhebung im Sinne des Wiener Naturschutzgesetzes zu, bis zum Vorliegen dieser Grundlagenerhebung bleiben sämtliche Abbrucharbeiten eingestellt. Puscher: „Wir weisen darauf hin, dass neben der Baufirma, die mit o.a. Maßnahmen beauftragt wurde, auch eine im Gebiet tätige Gärtnerei Demontagearbeiten durchgeführt hat. Der wohnfonds_wien ermöglicht diesem Biobetrieb im Sinne der Ressourcenschonung, das vorhandene Glashaus abzubauen und an anderer Stelle wieder zu errichten.“
Die Bürgerinitiative „Freies Donaufeld – Donaufeld ins Wiener Immergrün“ ist damit nicht beruhigt: „Wir schauen nicht mehr länger zu, wie einfach abgerissen, Lebensraum und wertvolle Brutgebiete zerstört werden! Sind dann alle geschützten Arten im Gebiet durch solche Maßnahmen erfolgreich vertrieben oder umgebracht, heißt es ‚ist eh nichts Schützenswertes da, es kann gebaut werden‘. Solche Vorgehensweisen müssen endlich ein Ende haben!“, so die Biologin Margit Spacek und Gabriele Tupy von der Bürgerinitiative.
Die offizielle Stellungnahme der MA22 gegenüber der DFZ: „Von den Sachverständigen für Naturschutz wurde dazu bereits einen Ortsaugenschein durchgeführt. Es handelt sich um eine Fläche auf der bestehende Gebäude abgerissen werden sollen. Die Fläche liegt nicht in einem Schutzgebiet nach dem Wiener Naturschutzgesetz. Da das Vorkommen geschützter Tierarten auf dieser Fläche nicht ausgeschlossen werden kann, wurden die Bauträger von der Naturschutzbehörde umgehend davon informiert, dass eine Artenerhebung durchzuführen ist und entsprechende Schutzmaßnahmen für die vorkommenden Tierarten mit der Naturschutzbehörde abzuklären sind. Die Bauträger wurden auch darauf hingewiesen, dass bis zu dieser Abklärung keine Arbeiten durchgeführt werden dürfen, durch die geschützte Tierarten beeinträchtigt werden könnten. Abbrucharbeiten, durch welche geschützte Tierarten beeinträchtigt hätten werden können, wurden von den Sachverständigen bisher nicht festgestellt.“