
Die Befreiung vom Nationalsozialismus jährt sich zum 80. Mal. In Floridsdorf ist das besonders mit dem Gedenken an Karl Biedermann, Alfred Huth und Rudolf Raschke verbunden: Ihr Plan einer kampflosen Übergabe Wiens an die Alliierten wurde verraten, sie wurden von einem Standgericht zum Tode verurteilt und noch am 8. April 1945 am Floridsdorfer Spitz gehängt. In einem Denkmal vor dem Amtshaus in Floridsdorf werden ihre Taten für die Wiederentstehung Österreichs dem Vergessen entrissen.
Hingegen sind die Aktivitäten vieler anderer Frauen und Männer, die gegen das Nazi-Regime und für Österreich gekämpft haben, kaum mehr bekannt. Deshalb möchte ich über den Beitrag des Floridsdorfers Leopold Stancl erzählen. Geboren 1904, wuchs er als Sohn eines Schmieds in der Schillgasse auf. Er fand zunächst Arbeit bei der Bahn, von 1922 bis 1928 war er als Gebirgsartillerist beim Bundesheer. In der Folge schlug er sich mit Gelegenheitsjobs durch, unter anderem bei der Floridsdorfer Jutespinnerei. Zugleich war er überzeugter Sozialdemokrat und, bis zu den Februarkämpfen 1934, Kompanieführer beim Schutzbund, danach trat er zur illegalen KPÖ über. Im Herbst 1936 ging er zu den Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg, wo er bis zum Bataillonskommandanten aufstieg. Danach arbeitete er mehrere Jahre in Moskau.
Von Matthias Marschik
Die Alliierten forderten im November 1943 in der Moskauer Deklaration einen aktiven Beitrag Österreichs zu seiner Befreiung. Das nahm die 1942 gegründete überparteiliche „Österreichische Freiheitsfront“ zum Anlass, ihre Aktivitäten gegen den Faschismus für ein unabhängiges Österreich zu verstärken. Zum einen wurden Sabotageakte in Fabriken und an Gleisanlagen durchgeführt, zum anderen wurde im Raum Südsteiermark und Slowenien militärischer Widerstand geleistet. Im Rahmen jugoslawischer Partisanengruppen wurde das „1. Österreichische Freiheitsbataillon“ gegründet, die erste militärische österreichische Einheit seit dem März 1938. Leopold Stancl war ab dem Dezember 1944 Kommandant des Bataillons.
Wesentlich war vor allem die propagandistische Wirkung auf die Alliierten und die Bevölkerung in Österreich. Es war ein klares Signal des Widerstands gegen den Faschismus und für ein unabhängiges Österreich, das auch von Roosevelt, Churchill und Stalin ernstgenommen wurde. Nach Kriegsende wurden die Angehörigen der Freiheitsbataillone nach Wien gebracht und nahmen am „Tag der Volkssolidarität“ teil. Gemeinsam mit KZ-Überlebenden und den Opfern des Faschismus marschierten sie über die Ringstraße. Staatsskretär Julius Raab hob hervor, dass diese Menschen bewiesen hätten, „was Charakter bedeutet, was aufrechte Gesinnung wert ist“.
Leopold Stancl marschierte in diesem Umzug in der ersten Reihe der Kämpfer, später war er in Niederösterreich im Grenzschutz tätig. Er wohnte in der Brünner Straße und übersiedelte dann in den „Appel-Hof“ in der Prager Straße. Bis zu seiner Pensionierung arbeitete er als Schlosser in der Mineralölverwaltung. Er starb im November 1973. Sein Beitrag zur Wiederentstehung Österreichs 1945 war bedeutend, scheint aber längst vergessen.
