Renaturierung ist einer der 2024 heiß diskutierten politischen Begriffe. Die DFZ hat sich ganz praktisch und realitätsnah angesehen, was man im 21. Bezirk „der Natur zurückgeben könnte“. Dabei lohnt sich oft auch ein Blick in die Vergangenheit.
Uns geht es dabei weniger um Maßnahmen in Land- oder Forstwirtschaft im Sinne des diskutierten Gesetzes. Sondern um Maßnahmen, die einen Mehrwert für die Bezirksbevölkerung haben, für die Natur und auch einen wirksamen Beitrag gegen die Erhitzung im urbanen Raum leisten. Wien rühmt sich dabei ja immer der Renaturierung des Liesingbaches – dabei gab es in Floridsdorf bereits 1992 die größte Renaturierung auf Wiener Stadtgebiet: Den Marchfeldkanal.
Der verläuft nämlich ab seinem Beginn in Langenzersdorf bis zum Schönungsteich bei der Schwarzlackenau ziemlich genau dort, wo die dem Bezirksteil namensgebende ,Schwarze Lacke‘ verlief. Ein jahrhundertelang reißender und gefährlicher Nebenarm der Donau, der in zwei Schleifen bis zur heutigen Floridsdorfer Brücke führte. Ab dem Bau des Hubertsdammes um 1800 nicht mehr ganz so wild, wurde die Schwarze Lacke mit der Donauregulierung 1875 immer mehr zu einem stehenden Gewässer. Bis letztlich wirklich nur noch kleine Lacken übrig blieben.
Genau an diese Lacken erinnern sich noch fortgeschrittene Semester unter uns. Sie waren als Fischteich – etwa bei der Schlosserwiese – bekannt. Oder als gratis Bademöglichkeiten für Jugendliche. Bezirkshistoriker Franz Polly nannte Geierlacke, Kirchenlacke, Roßschwemm, Schneiderlacke und Scheppi- Lacke den „Lido von Jedlesee“.
Die letzten dieser Lacken bei der Lorettokirche verschwanden erst in den Fünfziger- & Sechziger-Jahren, viele waren nach dem zweiten Weltkrieg mit Bauschutt der zerstörten Metropole Wien befüllt worden. Der Columbia-Platz ist die zugeschüttete Scheppi-Lacke. Genau diese Lacken und Häufel könnte man renaturieren, also wiederherstellen.
Die Befüllung mit Donauwasser sollte möglich sein. Das könnte im Rahmen eines geförderten EU-Projektes passieren. Flora und Fauna, die es im urbanen Umfeld immer schwerer haben, könnten sich ansiedeln. Und unsere Kinder könnten ,in der Stadt‘ verstärkt mit der
Natur in Kontakt kommen.
Donauarme, die sich vor allem auch bei einem der früher zahlreichen Hochwasser, mit Wasser füllten, gab es reichlich. Pferdeschwemmen, etwa beim Haspingerplatz, die Viehtrift bei Leopoldau oder im Mühlschüttel. Ein Sonderfall ist das Rückhaltebecken in Stammersdorf, das sich nach Unwettern mit Wasser aus dem Bisamgebirge füllte. In den Siebzigern gab es die Idee, das Gewässer zu einem Badeteich zu machen.
Eine weitere Idee für ein Fließgewässer in Floridsdorf wurde übrigens für das Stadtentwicklungsgebiet Donaufeld skizziert: Der Donaufeldbach. Er sollte vom Marchfeldkanal mit einem Schönungsteich über den Grenzweg, am Tauscher-Park vorbei, über die Mulde bei der Hans-Czermak-Gasse, letztlich bis zur Alten Donau gehen. Die Pläne für diesen knapp sieben Kilometer langen Verbindungsbach gibt es seit 35 Jahren. Auch wenn das laut Widmung noch möglich wäre, scheint es aktuell nicht gerade eine realistische Option.
Wer alte Postkarten ansieht, wird feststellen, wie viele Bezirksstraßen früher eine Allee waren. Ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Straßen sein könnten, ist aktuell die Jeneweingasse in Jedlesee. Am Beginn der Prager Straße wird die Renaturierung zumindest mit Hochsträuchern realisiert und auch auf der Brünner Straße soll es in Zukunft Bäume geben. -Hannes Neumayer