Flüchtlinge in Floridsdorf: Der DFZ-Faktencheck

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Bild: DFZ
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Wir klären die wichtigsten Fragen: Wo sind Flüchtlinge untergebracht?
Leben in Floridsdorf mehr Flüchtlinge als in anderen Bezirken?
Macht die Bezirksvorstehung alles richtig? Welche Gerüchte stimmen, welche nicht?Seit 13. Jänner gibt es in Floridsdorf kaum ein anderes Thema: Massenquartiere für Flüchtlinge. 650 in der Siemensstraße, 130 in der Grellgasse. Die Bevölkerung ist verunsichert. Abscheuliche Massen-Straftaten wie zu Silvester in Köln oder die mutmaßliche Vergewaltigung im Prater – vor allem Frauen fürchten um ihre Sicherheit, Eltern um die ihrer Kinder. Die DFZ macht den Faktencheck: Damit wollen wir weder verunsichern noch beruhigen. Jeder kann sich selbst ein Urteil bilden.

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1. Trägt Floridsdorf eine besonders hohe Last? Kommt auf den Vergleich an! In Wien sind derzeit (Stand 23.2.) 20.715 Flüchtlinge in der Grundversorgung (also ohne Asylbescheid). In Floridsdorf sind aktuell 1420 Flüchtlinge untergebracht (450 privat und 970 in organisierten Unterkünften). Wäre die Siemensstraße mit 650 Personen belegt, wären es circa 400 mehr. Die berühmte Quote beträgt in ganz Wien 1,1% (Relation zur Gesamtbevölkerung), in Floridsdorf 0,9%. Bei Vollbesetzung der Siemensstraße (derzeit circa 200 Leute) würde Floridsdorf knapp über dem Wiener Schnitt liegen. Wien übererfüllt die Bundesländerquote mit 115%.

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2. Wo sind Flüchtlinge untergebracht? Bereits seit 2004/05 gibt es die ständigen Quartiere in der Donaufelderstraße (180 Personen) und am Winkeläckerweg (150). Die Unterkunft in der Brünnerstraße 72 (Abendgymnasium) wurde bereits wieder geschlossen. In der Siemensstraße (befristet mit September 2016) waren bis 23. Februar circa 200 Flüchtlinge, großteils Familien eingezogen. In der Grellgasse sind es circa 120 Personen, ebenfalls Familien. Der Betreiber ist bereits auf der Suche nach einem neuen Quartier, weil dieses nur bis Juni zur Verfügung steht. In Kürze soll es in der Brünnerstraße 240 noch eine Unterkunft und Ausbildungsstätte für circa 45 Jugendliche
geben. Direkt am Stadtrand in Langenzersdorf ist die Unterkunft am Nationalbankgelände.
3. Die Gerüchte. Unzählige Gerüchte sind auch an die DFZ berichtet worden. Drei die derzeit nicht stimmen: Das Hotel Berger (Brünnerstraße) wird abgerissen, im Hotel Karolinenhof dementiert man Gerüchte. Auch nur ein Gerücht: leerstehende Gebäude in der Richard-Neutra-Gasse. Richtig ist: Im Heeresspital werden Gesundheits-Untersuchungen durchgeführt.
4. Hätten die Massenquartiere verhindert werden können? Zum Beispiel vom Bezirksvorsteher? Die Antwort gab der Wiener Flüchtlingskoordinator Peter Hacker (Fonds Soziales Wien) in der Bezirksvertretung: „Nein. Es gab Kommunikation, aber keine Entscheidungseinbindung.“

5. Hat Bezirksvorsteher Georg Papai (SPÖ) also alles richtig gemacht? Bei der ersten öffentlichen Versammlung in der Grellgasse gab es zwei Hauptkritikpunkte: Die Meisten hatten über Umwege von der Veranstaltung erfahren. Und: Die Flüchtlingsunterbringung kam überfallsartig. Vor allem die Kritik an der Kommunikation ist, trotz fast zehn Info-Veranstaltungen, berechtigt. Bei der herrschenden Verunsicherung muss einmal mehr als einmal zu wenig informiert werden: Öffentlichkeitsarbeit, Facebook-Postings, etc. waren verbesserungsfähig. Bei der einberufenen Bürgerversammlung waren zwar umfangreiche Informationen zu bekommen. Aber viele der über 300 BürgerInnen hatten sich wohl eine andere Veranstaltung erwartet: Ein Podium mit den Verantwortlichen (Fonds Soziales Wien, Bezirksvorstehung) mit öffentlicher Diskussion. Die Art der Veranstaltung und den Ablauf hätte man vorab besser kommunizieren können. Zu Recht erwarten die FloridsdorferInnen, in ihren subjektiven Ängsten ernst genommen und umfassend informiert zu werden. Papai erklärt im DFZ-Gespräch: „Die Menschen erwarten Infos, die halten, nicht Kaffeesudlesen.
6. Was wird für die Sicherheit der Bevölkerung getan? In der Siemensstraße gibt es eigenes Sicherheitspersonal. Es gibt aber keine Videoüberwachung und auch nicht mehr Personal für die Floridsdorfer Polizei. Verursachen Flüchtlinge Schäden, bleibt nur die Möglichkeit einer Privatklage.
7. Gab es schon Vorfälle? „Nein“, sagt der Floridsdorfer Stadthauptmann (Polizei) Karlheinz Ruisz: „Derzeit ist es in Floridsdorf unauffällig. Aber die Siemensstraße ist noch nicht voll besetzt. Und vom 20. Bezirk wissen wir, dass es sehr wohl Einsätze gibt.“
8. Was bekommen Flüchtlinge? Grundsätzlich 40 Euro Taschengeld pro Person und Monat. Wohnen Sie privat, gibt es Unterstützung. Ebenso, wenn sich Flüchtlinge selbst verköstigen. In der Grellgasse gibt es für Essen 5 Euro pro Flüchtling und Tag. Rechenbeispiel für die Grellgasse: Eine Familie mit drei Kindern erhält im März 975 Euro. „Das ist für eine fünfköpfige Familie sehr viel Geld“, sagt der Betreiber.

bild: DFZ
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Abschließend unsere Tipps: Wenn Sie Gerüchte hören (zB. Hotel Karolinenhof): Gehen Sie rein, fragen Sie nach. Nutzen Sie die Bezirks-Hotline 01/5025521. Beobachten Sie etwas Verdächtiges, dann nehmen Sie den Polizeichef beim Wort: „Wählen Sie lieber einmal mehr als zu wenig die 133!“ Und: Sie können immer die DFZ informieren, wir gehen dem nach (redaktion@dfz21.at).