Exklusiv: Psychosozialer Dienst übernimmt Jagdschloss Magdalenenhof am Bisamberg – Millionensanierung soll 2024 starten – Bisamberg-Garantie gilt weiter
Dem Jagdschloss Magdalenenhof soll nach zwölf Jahren Leerstand endlich Leben eingehaucht werden. Die 111 Jahre alte Villa wird vom Psychosozialen Dienst der Stadt Wien übernommen, der eine „intensiv betreute Wohnform für Jugendliche mit schweren psychischen Erkrankungen“ einrichten wird. Davor wartet eine umfassende Millionen-Sanierung.
Hoffentlich bleibt es diesmal wirklich dabei. Denn 2016 hat die DFZ bereits über den fixen Verkauf berichtet. Nun gibt es mit dem Psychosozialen Dienst (PSD) eine interne Lösung der Stadt. Die langfristigen Verträge sind unterschrieben. Für das idyllische Jagdschloss am Bisamberg ist es die letzte Chance, der wechselvollen Geschichte (siehe rechts) ein weiteres Kapitel hinzuzufügen.
Ewald Lochner, kaufmännischer Leiter des PSD, im Gespräch mit der Floridsdorfer Zeitung: „Nach einer Risikoeinschätzung und einer Machbarkeitsstudie haben wir uns zu dem Projekt entschlossen. Das Bauprojekt unterliegt strengen Denkmalschutzauflagen, die sind aber
erfüllbar. Es gibt aber auch hohe Umweltschutzauflagen.“ Konkret: Werden geschützte Arten gefunden und das Projekt verzögert sich jahrelang, könnte es noch kippen: „Eine g’mahte Wies’n ist es nicht und somit nicht zu 100 Prozent fix.“
Dennoch soll der Zeitplan zügig umgesetzt werden: Baustart 2024, erste Patienten ab 2025 (Details im Interview unten). Das Jagdschloss wird außen saniert, innen adaptiert. Es wird keinen Zubau etc. geben. Lediglich ein desolater Schuppen an der Rückseite wird „in gleicher Kubatur“ ersetzt. Denkmalgeschützt sind vor allem die Außenansicht oder etwa die große Treppe beim Haupteingang.

























Beim DFZ-Fototermin 2016 sind von außen im Gebäude Feuchtigkeitsschäden sichtbar. Immobilienexperte Gerald Kneissl von RE/MAX Dreams damals: „Ein schönes Objekt mit Stil und Charakter. Aber eine Komplettsanierung. Da wurde wohl 35 Jahre nichts gemacht. Sämtliche technischen Leitungen, die unzähligen Fenster – alles muss saniert werden!“ 2011 wurde der Pächter aus der Villa hinauskomplimentiert. Seit damals wurde gelüftet und das Dach kontrolliert. Dass zwölf Winter ohne Heizung dem Gebäude nicht gutgetan haben, steht außer Frage.
Villa am Bisamberg: Millionen-Sanierung
War vor sechs Jahren noch von einem Finanzierungsbedarf von 1,5 Millionen Euro die Rede, ist jetzt seriös von mehr als sechs Millionen auszugehen. Lochner relativiert die Kosten: „Wir sind happy, dass es klappt. Denn der Bedarf, Jugendliche in Zukunft besser zu betreuen, ist da. Objekte in anderen Bezirken, die so groß sind und so viel Grünfläche haben, sind unleistbar – alleine von den Anschaffungskosten.“
Bisamberg-Garantie.
Die Bisamberg-Garantie besagt, dass der Teil des Bisambergs, welcher dem Bundesland Wien zuzurechnen ist, weiter als Erholungsgebiet den Menschen zur Verfügung stehen soll, naturnahe bleiben muss und es zu keiner zusätzlichen Verbauung kommen darf.
Die Lösung könnte für alle Beteiligten – PSD, Stadt Wien, Bezirk, Freunde historischer Gebäude und natürlich auch Wanderer – eine win-win- Situation werden. Die Bisamberg-Garantie – der Teil des Bisambergs, welcher dem Bundesland Wien zuzurechnen ist, steht weiter als Erholungsgebiet den Menschen zur Verfügung, bleibt naturnahe und es kommt zu keiner zusätzlichen Verbauung – bleibt aufrecht. Rasend mehr Verkehr in der Senderstraße ist bei einer Einrichtung für 12 bis 14 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 25 Jahren, die einige Monate bleiben, auch nicht zu erwarten.
Klar, dass sich auch Forstdirektor Andreas Januskovecz (Leiter der MA49) freut, „dass wir nach vielen Variantenprüfungen einen verantwortungsvollen Vertragspartner gefunden haben“. Und auch Bezirksvorsteher Georg Papai ist zufrieden: „Eine super Lösung, die auch sozial ist. Und es wird verhindert, dass 150 Autos täglich hinauf fahren – die Bisamberg-Garantie bleibt aufrecht.“
Schloss ohne Gespenst, aber mit Geschichte
Bierbrauer Rudolf Dengler (1873 – 1937, Enkel von Anton Bosch) ließ die Villa 1911/12 von Architekt Paul Hoppe für seine Mutter errichten. Die starb bereits 1914. 1928 erwarb die Gemeinde Wien das Gebäude. In beiden Kriegen diente die Villa als Soldatenunterkunft. Die Villa war Wohnung, Jausen- und Backhendelstation, Balkangrill und „Pension“ für schöne zweisame Stunden. Im Jahre 1986 zog mit Familie Sarsam der bislang letzte Pächter in die Villa ein und es wurde ein Seminarbetrieb mit angeschlossenem Restaurant aufgebaut. Es war das erste Restaurant Wiens mit vegetarischer Kost aus eigenem Anbau im naturnahen Garten. Ab 1993 wurde das stilvolle und idyllische Ambiente für Hochzeiten, private Veranstaltungen, Feste und Feiern sowie als Filmkulisse genutzt. Das Sarsam-Projekt zur Revitalisierung des Magdalenenhofes unter dem Titel ,Garten Bisamberg‘ wurde abgelehnt, die Familie musste 2011 ausziehen. Mehr zur Geschichte: ,100 Jahre Villa Magdalenenhof‘ von Prof. Dipl. Ing. Erich Gusel auf: www.magdalenenhof.com
Bleibt nur die Frage: Waren die letzten zwölf Jahre nötig? Nach fünf Jahren Leerstand schien es 2016 schnell zu gehen: Im Gemeinderat wurde der Verkauf des Jagdschlosses Magdalenenhof beschlossen. Ein öffentliches Bieterverfahren sollte folgen und noch im gleichen Jahr der Verkauf oder eine Baurechtsvergabe. Dachte man. Doch die Grünen – damals Koalitionspartner – wollten keinen Verkauf und am liebsten eine ökologische oder soziale Nutzung der Stadt selbst. Der Magdalenenhof wurde in die koalitionäre Schublade verräumt. Nachdem die SPÖ 2020 den Koalitionspartner tauschte (NEOS) regte Papai eine neuerliche Evaluierung der Stadt an. Weitere drei Jahre später passiert nun genau, was die Grünen 2016 wollten.
Hoffen wir, dass eines der wenigen historischen Gebäude im 21. Bezirk nun wirklich gerettet wird und die letzten zwölf Jahre irgendwann nur eine weitere Episode in der Geschichte sind. -Hannes Neumayer