Per Mausklick in die Vergangenheit

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Amtshaus Am Spitz, 1960. Der 132er kommt gerade aus Strebersdorf. Bild: A. Luft /Sammlung Werner Neuwirth..
Amtshaus Am Spitz, 1960. Der 132er kommt gerade aus Strebersdorf. Bild: A. Luft /Sammlung Werner Neuwirth..

Soziale Medien haben auch positive Seiten, etwa für Geschichte-Fans. In der Facebook-Gruppe ,1210 Wien, der Bezirk Floridsdorf in historischen Ansichten‘ kommt man per Mausklick in die Vergangenheit. Zum Jubiläum – die Gruppe hat seit Februar über 10.000 Fans – öffnet Gründer Werner Neuwirth für die Leser der Floridsdorfer Zeitung sein Archiv und zeigt unbekannte Floridsdorfer Fotoschätze. Außerdem gibt es Floridsdorf-Bücher zu gewinnen!

Hinter dem Amtshaus, ca. 1937. Die Bim fährt zum Kai, ein Mercedes und ein Hammerbrot-Laden. Sammlung Werner Neuwirth.
Hinter dem Amtshaus, ca. 1937. Die Bim fährt zum Kai, ein Mercedes und ein Hammerbrot-Laden. Sammlung Werner Neuwirth.

Neuwirth als den Hüter österreichischer Fotoschätze zu bezeichnen, ist wohl die Untertreibung des Jahre­­s. Der Privatsammler hat es sich zur Aufgabe gemacht „Artefakte“, wie er sie nennt, „der Nachwelt zu erhalten“. Und wir reden hier nicht von einigen Dutzend oder ein paar Kisten Negativen: „Digitalisiert sind mittlerweile rund 2,5 Millionen, im Bestand insgesamt schätze ich zwischen sechs und sieben Millionen.“

Der 117er fährt gerade in Leopoldau am Hauptplatz. Bild: Gerhard Luft / Sammlung Werner Neuwirth.
Der 117er fährt gerade in Leopoldau am Hauptplatz. Bild: Gerhard Luft / Sammlung Werner Neuwirth.

In seinem Domizil in Mariazell wird täglich gescannt, für die fachgerechte Lagerung ist eine Halle angemietet, die schon wieder aus allen Nähten platzt. Denn ständig kommen neue Sammlungen und Nachlässe hinzu. Der Urprung der Leidenschaft begann bei Neuwirth schon mit 17, als er nach dem frühen Tod des Vaters das Familienarchiv aufgearbeitet hat: Fotos und Unterlagen der Schuhfabrik der Familie in Ottakring und das Motorsportarchiv des Vaters, der ab den 30er Jahren Motorradrennen z.B. auf der Höhenstraße gefahren ist.

Der größte Fund des Exil-Ottakringers? „Bei einer Dachbodenräumung im 22. Bezirk habe ich zwei Truhen von circa 1900 gefunden, in Leinen eingepackt waren 178 Kodak-Filmdosen eines Foto-Reporters. Drei Dosen mit insgesamt 7.000 Aufnahmen von 1920-1939 sind digitalisiert.“ Und natürlich das Jahrzehnte verschollene Grifkovsky-Archiv mit 5.500 Glasplatten mit vielen Wien-Aufnahmen. Mit Gleichgesinnten hat Neuwirth den Verein ÖGBK-1920 (Österreichische Gesellschaft für Sammlung und Bewahrung von Kulturgut des 19. und 20. Jahrhunderts) gegründet, der sich langfristig um den Erhalt, Sicherung und Finanzierung der Sammlung kümmern soll (wer ÖGBK unterstützen will, Spenden sind gerne gesehen: AT64 3812 9000 0008 0127).

Eine Lanze bricht der Sammler für die vielen Fans von Straßen- & Eisenbahnen: „Weil die so fleißig fotografiert haben – etwa Alfred Luft – besitzen wir heute so viele Fotoschätze. Auf diesen ist dann meist die Umgebung abgebildet und die Linie bzw. das Fahrzeug ermöglichen die exakte zeitliche Einordnung.“

Lobenswert ist, dass Werner Neuwirth seine Schätze nicht im stillen Kämmerlein behält, sondern über seine Facebook-Gruppen mit Interessierten teilt. Sei es die ,automobile Film- & Fotokiste‘ oder eine der Wiener Bezirksgruppen. „Die Floridsdorf-Gruppe ist eine der aktivsten, davon zeugt auch, dass es mittlerweile über 10.000 Fans sind. Viele davon zeigen Fotos aus ihrer Familie, da sind auch für mich immerwieder Überraschungen dabei!“

Zur 10.000er-Feier der Gruppe werden unzählige Floridsdorf Bücher auf Facebook verlost. Sogar mit persönlicher Widmung des legendären Bezirkshistorikers Franz Polly. Infos in der Facebook-Gruppe. -Hannes Neumayer