Sichere Radwege, bitte warten!

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Bezirksrat Erwin Toth. Bild: Privat.
Bezirksrat Erwin Toth. Bild: Privat.
Stein

Stell Dir vor, es ist Radwegoffensive 2023 und Floridsdorf ist auf der Projekt-Landkarte nur am Rand halb abgebildet. Das ,Bauprogramm Radverkehr 2023‘ umfasst 50 Projekte. In Floridsdorf? Keines. Brünner, Prager, Donaufelder Straße? Bitte warten!

Laut offizieller Homepage der Stadt Wien gab es seit 2019 ein einziges Radwegprojekt im 21. Bezirk: Die Hans-Czermak-Gasse von Angyalföldstraße bis Satzingerweg (plus die Mini-Fahrradstraße Kürschnergasse, und der im Bau befindliche Umbau Sinawastingasse). „Es laufen intensive Gespräche mit dem Bezirk, bitte noch um etwas Geduld!“, richtet Stadträtin Ulli Sima im DFZ-Interview aus.

Während manche Autofahrer Radler im 21. Bezirk auf die Donauinsel verbannen wollen, ist sichere Radinfrastruktur für immer mehr Bewohner wichtig. Unlängst wurden zwei von Marek Skalicka eingebrachte Petitionen für Radwege auf der Prager und der Donaufelder Straße mit jeweils mehr als 500 Unterschriften eingebracht. Konkretes Ergebnis gibt es keines.

Was sagt die Bezirkspolitik? Zusammengefasst: Die Grünen fordern einen raschen Ausbau. Die SPÖ würde schon gerne mehr (baulich getrennte) Radwege bauen, aber ohne Parkplatzverlust. Das ist aber maximal in einigen Abschnitten der Prager Straße, aber nicht auf der Brünner Straße möglich. Überraschend: Während die Bezirks-FPÖ Radwegen aufgeschlossen gegenüber steht, entwickelt sich in Floridsdorf die ÖVP – aus Radler-Sicht – zur Anti-Radfahr-Partei. Klubobmann Dieter Bankl: „Unserer Meinung nach braucht es diesen Radweg entlang der Prager Straße nicht, da in vielen parallel als auch querenden Straßen bereits Radwege vorhanden sind.“

Kornelia Kroiß von der Radlobby sieht das anders: „Mehrzweckstreifen oder Radfahren gegen die Einbahn sind keine sichere Radinfrastruktur für Alle. Wir brauchen sichere, baulich getrennte und komfortable Radwege – ohne Flächen für Fußgänger wegzunehmen. Lang überfällig sind Radwege auf der Brünner und der Prager Straße. Nur so erreichen wir eine Steigerung des Radverkehranteils!“

„Dass in einem Bezirk, größer als die Stadt Salzburg, keine neue Radinfrastruktur geplant ist, ist ein wahres Trauerspiel“, findet Erwin Tóth (Bild links), Bezirksrat der Grünen. Er fragt: „Wann kommen die großen Würfe? Kleine Maßnahmen können die großen Lücken im Radwegenetz nicht stopfen.“

Mehrzweckstreifen auf der Leopoldauer Straße. Bild: DFZ.
Mehrzweckstreifen auf der Leopoldauer Straße. Bild: DFZ.

Ein Spezialfall ist die innere Leopoldauer Straße (Bild unten). Hier haben sich die Verkehrsplaner vor 20 Jahren nicht wirklich mit Ruhm bekleckert. Enge Spuren und Mini-Mehrzweckstreifen bedeuten, dass hier ein Autofahrer 20 Zentimeter am Radfahrer vorbei fahren kann – legal.

Warum hier die 1,50-Abstand nicht gelten, erklärt Matthias Wolf vom Rechtsdienst des ÖAMTC: „Bewegt sich ein Kfz an einem Radfahrer auf einem Mehrzweckstreifen oder Radfahrstreifen vorbei, ist dies laut StVO kein Überholen. Der Mindest-Überholabstand von 1,5m innerorts und 2m außerorts, wenn man über 30km/h fährt, gilt aber nur dann, wenn ein Radfahrer von einem Kfz überholt wird. Es gilt aber immer, aufeinander Rücksicht zu nehmen und ausreichend Seitenabstand einzuhalten. Statt schwer exekutierbarer Zentimeterangaben für den Überholabstand, wäre es für den ÖAMTC sinnvoller gewesen, dass Sperrlinien während des Vorbeibewegens an Radfahrern überfahren werden dürfen.“

Der Donaufelder Benedikt Marschütz nutzt den Weg täglich: „Die Leopoldauer Straße ist eine mutwillige lebensbedrohliche Gefährdung. Schon einmal hat ein Verkehrsunfall für mich mit einem Spitalsaufenthalt geendet. Stadt und Bezirk nehmen weitere Unfälle in Kauf, wenn es keine Änderungen gibt.“ -H.N.

Matthias Wolf, ÖAMTC-Jurist. Bild: ÖAMTC.
Matthias Wolf, ÖAMTC-Jurist. Bild: ÖAMTC.