
Druckfrisch ist das neue Buch der beiden Floridsdorfer Autoren Gabriele Dorffner und Matthias Marschik. In ,Wien-Floridsdorf – Stadt geworden – Dorf geblieben‘ präsentieren sie über 200 meist unveröffentlichte Aufnahmen. Eine Zeitreise in den Alltag der Menschen, an den sich noch viele im 21. Bezirk erinnern werden, geht es doch um die Periode zwischen 1945 und 1975.
Zunächst waren die 30 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges von Zerstörung und Wiederaufbau geprägt und später von neuem Wohlstand und Modernisierungsschub. Und natürlich vom auch heute viel bemühten Yin und Yang Floridsdorfs: Stadt geworden – Dorf geblieben. Marschik: „Die 1970er Jahre waren nicht die erste Phase der Bezirksgeschichte in der sich Stadt und Land, Urbanität und Dorfcharakter, Tradition und Moderne sowohl bekämpften wie ergänzten.“

War etwa 100 Jahre zuvor die unseren Bezirk prägende Ära der Industriealisierung angebrochen, neigte sich diese fast schon wieder dem Ende zu: Die einst glorreiche Lokomotivfabrik Lofag stellte in den 60ern die letzten Loks her. 1969 wurden drei Schornsteine der Tonfabrik in der Freytaggasse gesprengt. Co-Autorin Gabriele Dorffner: „Die Schwerindustrie hatte an Bedeutung verloren, der Arbeiterbezirk war passé.“

Fast gleichzeitig bekamen die noch an jeder Ecke existierenden Greißler vom ersten Selbstbedienungskaufhaus ,Dietrich‘ auf der Prager Straße oder dem Löwa-Kaufhaus, welches das Gasthaus Dietrich ersetzte, Konkurrenz. 50 Jahre später sind Ketten wie Löwa, Konsum, PamPam oder Gebrüder Kunz längst schon wieder selbst verschwunden.

Marschik ist selbst in Jedlesee aufgewachsen und kann sich noch gut an die Orte seiner Kindheit erinnern: Der hölzerne Obst-Gemüse-Kiosk von Herrn Seidl in der Schillgasse, Milchwaren vom Ehepaar Schery in der Gerstlgasse, Fleisch und Wurst beim Gruber Karli, der Friseur Cermak und Bierkäufe für den Vater im Gasthaus Ringseis.

„In den 50er bis 70er Jahren hat sich Floridsdorf zu dem entwickelt, was es jetzt ist: Von einem Bezirk mit einer kleinen bürgerlichen Schicht, einer kleinen landwirtschaftlichen Versorgungseinheit und einer großen Arbeiterschicht zu einem – wie wir oft bezeichnet werden – Schlaf- und Flächenbezirk. Mit diesem Buch wollen wir aufzeigen, dass diese Zuschreibung Floridsdorfs viel zu kurz greift“, so Marschik.

Das neue Buch von Dorffner und Marschik ist in 12 Kapitel von der Donau über Fabrikshallen, Parteien, Kinos und Sport bis zu Essen und Trinken gegliedert. Wie schon üblich bei den beiden lokalen Erfolgsautoren mit einer fein selektierten Fotoauswahl.

Info: Wien-Floridsdorf – Stadt geworden – Dorf geblieben. Eine Bilderreise von 1945 bis 1975. Gabriele Dorffner und Matthias Marschik; Sutton Verlag; 25,70 €.

Das Buch wird am 12. Juni (18h) im Bezirksmuseum präsentiert. -Hannes Neumayer
