Streifzüge im Februar

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Gerald Pichowetz. Bild: Gloria Theater.
Gerald Pichowetz. Bild: Gloria Theater.
Stein

Meine lieben „Fluaridsduafa“! Vor einem Jahrhundert ist, nach dem Ende des 1. Weltkriegs und dem Zusammenbruch der Monarchie, Österreich als Republik wiedererstanden. Arg zusammengestutzt und finanziell am Boden war diese junge Republik. Und Wien benötigte dringend Wohnraum, der noch dazu für die nicht begüterte Arbeiterschaft auch leistbar sein sollte. Und so begann das Projekt der „Gemeindebauten“, des Sozialen Wohnbaus. Die wirtschaftlichen Zwänge ermöglichten oft nicht mehr als „Zinskasernen“, die jedoch mit dem damals zeitgemäßen und den vorhandenen Mitteln entsprechenden Standard ausgestattet wurden.

Zwischen 1919 und 1934 wurden fast 65.000 Wohnungen fertiggestellt, und erst 1947 nahm die Stadt Wien diese Bautätigkeit wieder auf. Heute leben mehr als eine halbe Million Menschen in den wienweit etwa 2.300 Gemeindebauten. Auf unseren Heimatbezirk entfällt davon gerade der statistisch gerechtfertigte Anteil von 109 Bauten. Diese haben allerdings nicht alle die Größe eines klassischen Gemeindebaus, wie man ihn als Karl-Seitz-Hof oder „FAC-Bau“ kennt. Die kleinste Variante, der 1921 entstandene, jedoch nur teilweise realisierte Bau an der Denglerschanze in der Prager Straße besteht aus bloß sechs Wohneinheiten. Ein anderes Kaliber stellt da die Großfeldsiedlung dar. Sie besteht aus vielen einzeln stehenden Gebäuden und umfasst unglaubliche 5.533 Wohnungen, etwa 4 Mal so viele wie der Heinz-Nittel-Hof des bekannten Architek- ten Harry Glück.

 

Es lohnt sich ein gelegentlicher Spaziergang gerade in Bauten wie dem Schlingerhof, die durchaus auch architektonisch interessante Details aufweisen und auch nicht eines gewissen, speziellen Flairs entbehren. Mit einem Seitenblick auf die Entstehungsjahre der „Roten Burgen“ versteht man vielerorts auch, dass diese Gemeindebauten in ihrer Zeit auch eine Verkörperung von angenehmer Wohnqualität darstellten. Euer Gerald Pichowetz