Streifzüge mit einem Wiener Original

1897
Gerald Pichowetz. Bild: Gloria Theater.
Gerald Pichowetz. Bild: Gloria Theater.

Meine lieben „Fluaridsduafa“! Ein echtes Wiener Original unserer Heimat möchte ich Euch heute in Erinnerung bringen, nämlich Florian Berndl. Er ist wohl nur noch den Älteren unter uns ein Begriff, und zumeist findet man von ihm lediglich Fotos als bärtiger Einsiedler, zuweilen auch inmitten einer Schar von Anhängern.

Berndl erblickte das Licht der Welt am 10. Mai 1856 im Waldviertler Ort Großhaselbach als Sohn eines Schneiders und einer Hebamme und Dorfbaderin. Nach dem Erwerb der allernötigsten Schulbildung erlernte er zunächst das Schneiderhandwerk, seine Lebensaufgabe fand er jedoch einerseits durch die Kenntnisse seiner Mutter über Heilkräuter und andererseits durch seinen Militärdienst als Sanitäter und die anschließende Tätigkeit als Krankenpfleger im Wiener Allgemeinen Krankenhaus.

Im Jahr 1900 pachtete er eine bewaldete Insel in der Alten Donau, das „Gänsehäufel“, wo er sich mit Frau und Kindern auch niederließ und seine Vision eines natürlichen Lebens in Taten umsetzte. Alsbald war sein Luft- und Sonnenbad, inzwischen auch mit Hütten, Garderoben und Kantine ausgestattet, beliebter Anziehungspunkt für naturhungrige Großstädter auch aus der prominenten Oberschicht.

Aber „’s war net Wien“, wenn nicht auch Neider und Moralwächter auf den Plan träten. Und so wurde der Pachtvertrag bereits 1905 aufgelöst. Er gründete sodann etwas nördlicher die „Kolonie Neu-Brasilien“ und verpachtete Kleinparzellen für Schrebergärtner. Die Rückkehr als Oberbadewärter im „Städtischen Strandbad Gänsehäufel“ endete wegen seiner umstrittenen Naturheilverfahren 1913 mit seiner Entlassung.

Schließlich zog sich Berndl mit seiner Familie auf die „Berndl-Alm“ am Bisamberg zurück, wo er nach einem gescheiterten Plan für ein Kurzentrum „Volks-Semmering“ letztendlich verbittert in Depressionen verfiel, in einem Wiener Krankenhaus landete und nach einem Sturz bei einem Fluchtversuch aus dem Spital am 30. November 1934 verstarb. Die Stadt Wien widmete ihm ehrenhalber ein Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof, im 22. Bezirk erinnert heute die „Florian-Berndl-Gasse“ an ihn und in Bisamberg das „Florian-Berndl-Bad“. Er war seiner Zeit halt zu weit voraus, heutzutage wäre er vielleicht Millionär geworden.
Bleibt mir gesund, Euer Gerald Pichowetz