Streifzüge zu den Lohner-Werken

1814
Gerald Pichowetz. Bild: Gloria Theater.
Gerald Pichowetz. Bild: Gloria Theater.
Stein

Meine lieben „Fluaridsduafa“!
Unser Heimatbezirk hat nicht nur wunderbare Natur zu bieten, er hatte bis ins 20. Jahrhundert auch einen großen Stellenwert in der Industrie und beherbergte viele bedeutende Betriebe. Von der Anfangszeit eines dieser Betriebe möchte ich Euch heute erzählen, nämlich von den Lohner-Werken.

Die Geschichte beginnt 1811, als der am 4.4.1786 im rheinländischen, westlich von Koblenz gelegenen Mayen geborene Handwerker Heinrich Lohner vor der Einberufung in Napoleons Armee nach Wien floh und daselbst bald beim Sattlermeister Ludwig Laurenzi als Wagner in Dienste trat. 1821 war er wohlbestallter Wagnermeister und damit Bürger von Wien, und brachte es 1847 gar zum Vorsteher seiner Zunft.

Die Fertigung von Wagenkästen und Pferdekutschen war um 1823 noch eine Gemeinschaftsarbeit von Wagnern, Sattlern, Schlossern, Glasern und anderen Einzelgewerben. Laurenzi hatte mit Lohner bereits erfolgreich zusammengearbeitet, als die beiden in diesem Jahr den Entschluss fassten, eine eigene Wagenwerkstätte zu gründen, in der alles unter einem Dach gefertigt werden sollte.

Lohners Sohn Jacob (1821-1892), gelernter Sattler, trat nach seinen Wanderjahren 1843 in die Werkstätte ein und ein Jahr später übersiedelte die Firma ins Haus Porzellangasse 2, an dem noch heute die prunkvolle Überschrift das Portal ziert. Ab 1857 einten Ludwig Laurenzi und Jacob Lohner auch familiäre Bande, da Lohner Laurenzis Tochter Aloisia ehelichte, die jedoch bereits 1859, ein Jahr nach der Geburt des Sohnes Ludwig und nur 3 Monate nach ihrem Vater, verstarb.

1873, im Jahr der Wiener Weltausstellung, wurde der 10.000ste Wagen ausgeliefert, und man suchte nach einem größeren Grundstück für einen Fabriksneubau. Fündig wurde man in Neuleopoldau, dem heutigen Donaufeld, wo 1876-1878 auf ca. 40.000 qm gebaut und danach eifrig produziert wurde. Jacob Lohner hatte gemeinsam mit Laurenzi aus der anfänglichen Werkstätte ein Fabriksunternehmen gemacht, welches weithin besten Ruf genoss. Sein Sohn Ludwig war es dann, der den Weg in die Großindustrie beschritt und Automobile und Flugzeuge baute. Aber davon berichte ich vielleicht ein anderes Mal.
Bleibt mir gesund,
Euer Gerald Pichowetz