Wiens „einzigartiges Archiv der Erdgeschichte“

515
Vor 14 Millionen Jahren bedeckte ein tropisches Meer große Teile des Wiener Umlandes. Bild: NHM Wien, M. Harzhauser
Vor 14 Millionen Jahren bedeckte ein tropisches Meer große Teile des Wiener Umlandes. Bild: NHM Wien, M. Harzhauser

Weit in die Geschichte unserer Stadt blicken die Autoren Mathias Harzhauser und Thomas Hofmann in ,Wien am Sand‘ zurück. Nämlich gleich mehrere Millionen Jahre. Eine Geschichte von drei Meeren, Elefantenzahnschnecken, einem Saurier und dem Gugelhupf-Seeigel. 

Frühzeitliche Funde wurden auch schon vor Jahrhunderten meist im Zug von Bauarbeiten gemacht. Einer der bekanntesten solchen Funde geht auf den Baustart für Wiens berühmtestes Bauwerk, den Stephansdom, zurück. 1443 wurden Überreste eines Riesen gefunden, der dann „beim Bau des Doms half und sich hier taufen ließ“. Der, das wusste man damals noch nicht, Oberschenkelknochen eines Mammuts hing jahrhundertelang vom Riesentor im Dom und ist heute im Naturhistorischen Museum. Aufgemalt ist die Jahreszahl 1443 und der Wahlspruch von Kaiser Friedrich III, A.E.I.O.U..

Mammut-Knochen gefunden im Jahr 1443. Bild: NHM Wien, K. Kracher.
Mammut-Knochen gefunden im Jahr 1443. Bild: NHM Wien, K. Kracher.

Ein wahres Paradies für Erdwissenschaftler war die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: Neben der Ringstraße gab es im ganzen Stadtgebiet Baugruben und somit auch Fundstellen. Und die unzähligen Ziegelgruben und einige Steinbrüche liefern bis heute mehrere tausend Stück Forschungsmaterial: Fossilien von Elefantenzahnschnecken, dem Gugelhupf-Seeigel und sogar der Unterkiefer eines Vogelbeckensauriers. Der circa 1,8 m lange Saurier wurde nach dem Wiener Geologen Eduard Suess ,Mochlodon Suessi‘ benannt.

Gleich drei Mal vor etwa 14 Millionen Jahren war das heutige Wien ein Meer und Uferbereich an den Hängen des heutigen Wienerwaldes und des Bisamgebirges. „Wiens Sedimente sind ein einzigartiges Archiv der Erdgeschichte“, freuen sich Geologen und die beiden Autoren.

Letztere haben den zweiten Teil ihres Buches als Stadtwanderführer mit 12 Etappen in die Urzeit gestaltet, als ,Wien am Sand‘ war. Quasi ein Meeresspaziergang. Zwar führt keine Etappe über die Donau – aber auch Floridsdorf war einst Küstenlinie und auch hier gibt es mehrere bekannte Fundstellen. Eine solche in Stammersdorf bildet den fotografischen Abschluss des Buches: Eine spannende Zeitreise „durch die geologische Vergangenheit Wiens“, wie auch der Untertitel verspricht. Gespickt mit vielen Fachbegriffen und Details, aber spannend und leicht verständlich erzählt.

Wien am Sand. Von Prinz Eugen und der Seekuh in Ottakring: eine Zeitreise durch die geologische Vergangenheit Wiens, Mathias Harzhauser & Thomas Hofmann; 168 Seiten, 19,90 €.

Wien am Sand. Bild: NHM Wien.
Wien am Sand. Bild: NHM Wien.