„Wir achten auf sachte Verdichtung”

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Kathrin Gaal. Foto: SDavid Bohmann / PID.
Kathrin Gaal. Foto: SDavid Bohmann / PID.
Stein

Wohnbau-Stadträtin Kathrin Gaal im Interview über Verbauungsdichte, Tabu-Zonen, neue Gemeindebauten, …

Der Zuzug nach Wien reißt nicht ab, eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt ist derzeit nicht in Sicht – was tun?

Kathrin Gaal: „Wien ist eine attraktive Weltstadt, aber der Zuzug hat in der jüngsten Vergangenheit wieder abgenommen. Aber es ist natürlich ganz klar, die Stadt wächst. Deshalb haben wir die Qualitätsoffensive für leistbaren und lebenswerten Wohnraum geschaffen und bis 2020 sind 14.000 geförderte Wohnungen auf dem Weg.”

Was verstehen Sie persönlich unter leistbarem Wohnen?

„Leistbares Wohnen ist für mich ein Grundrecht, das die Politik nicht dem Markt und den Spekulanten überlassen darf. Wien hält seit 100 Jahren die öffentliche Hand schützend über den Wohnungsmarkt.”

In Floridsdorf wird seit Jahren auffällig viel gebaut: Hat die Stadterweiterung in Floridsdorf auch Grenzen?

„Wir achten sehr auf sanfte Verdichtung, möglichst unter Einbeziehung aller Betroffenen. Und wir schauen darauf, dass es beim Bauaufkommen eine bestmögliche Balance zwischen den Bezirken gibt. Aber wahr ist natürlich auch, dass in großen Bezirken wie Floridsdorf, der Donaustadt, Simmering, Favoriten oder Liesing mehr Bauland zur Verfügung steht als in anderen Teilen der Stadt. Dabei ist mir aber besonders wichtig, dass das Gesamtkonzept stimmt und entsprechende Infrastruktur und auch Grünraum vorhanden sind.”

Was halten Sie von der Idee, flache ‚Fachwerkszentren‘ zu überbauen, um Flächen effizienter zu nutzen?

„Grundsätzlich finde ich die Idee sehr gut. Die Statik ist nur leider oft maßgeschneidert auf den niedrigen Fachwerksbau ausgerichtet. Das bedeutet für eine Überbauung bzw. Aufstockung oft einen hohen Aufwand.” Gibt es Tabu-Zonen? Garantieren Sie, dass auf der Donauinsel oder etwa am Bisamberg keine Verbauung stattfindet? „Wien ist eine Stadt mit sehr viel Grünraum, der gut die Hälfte des Stadtgebiets ausmacht. Das ist ein wichtiger Grund für die hohe Lebensqualität in unserer Stadt und das muss unbedingt so bleiben. Der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der Stadt stellt das rigoros sicher.”

Wird es in Floridsdorf auch neue Gemeindebauten geben?

„Geplant ist ein Gemeindebau in Neu Leopoldau, der Standort für einen zweiten Gemeindebau ist derzeit in Überprüfung.“

Im Gemeindebau häufen sich Konflikte um Themen wie Müll und Lärmbelästigung – was unternehmen Stadt Wien und Wiener Wohnen dagegen? Braucht es auch hier stärkere Verbote, Kontrollen und Sanktionen (wie etwa bei Essen in U-Bahnen)?

„Wir haben gerade erst sogenannte ‘Müll-Razzien’, also Schwerpunktaktionen gegen Müllsünder, mit sehr positiven Rückmeldungen getestet. Nun bauen wir das gerade aus. Und wir werden in sehr naher Zukunft noch viele weitere Aktionen zur Bekämpfung von illegalen Müllablagerungen, Lärm und anderen Ärgernissen vorstellen. Denn eines ist klar: Ein gutes Zusammenleben der Bewohner des Gemeindebaus kann es nur geben, wenn die Spielregeln eingehalten werden.”

Im Vergleich zu 100 Jahre alten Gemeindebauten fällt die heute wesentlich dichtere Verbauung auf: Können Projekte nur so finanziert und umgesetzt werden?

„Uns geht es dabei nicht zuletzt darum, im Umfeld von Wohnanlagen auch neue Freiräume und Grünräume zu schaffen und bestehende Erholungs- und Freizeitgebiete zu erhalten.”

Was sagen Sie den Menschen, die von der intensiven Bebauung nicht begeistert sind, weil sich ihr Umfeld massiv verändert?

„Dass ich für ihre Sorgen großes Verständnis habe, weil es ganz normal ist, dass Veränderungen auch Unmut und Ängste auslösen können. Wir versuchen aber, bestmöglich auf die Sorgen der Anrainerinnen und Anrainer einzugehen und alle Betroffenen in die Planungen einzubeziehen. Eine lebendige wachsende Stadt stellt alle Wienerinnen und Wiener vor Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können.” -Interview: H. Neumayer