Die aktuelle Runde im Kampf zwischen Umweltorganisationen und Bauträger in Sachen Stadtentwicklungsgebiet Donaufeld geht eindeutig an die Bauträger. Das Verwaltungsgericht Wien hat die Beschwerden im Rahmen der naturschutzrechtlichen Bewilligungen abgewiesen. Damit können alle gültigen Baubescheide sofort umgesetzt werden. Die Umweltorganisation VIRUS sieht „das Naturschutzverfahren nach kuriosem Verlauf nur vorläufig zu Ende“ und will weiterkämpfen.
In zwei Sitzungen letzte Woche Montag und Donnerstag sprach der Richter am Verwaltungsgericht Wien relativ überraschend sofort sein Urteil mündlich. Die umfangreichen Beschwerden gegen die naurschutzrechtliche Bewilligung der MA22 seitens Virus wurden abgewiesen. Ein Vertreter der Bauträger erlärte gegenüber der DFZ, dass alle Baubescheide vorliegen und auch unmittelbar die ersten vorbereitenden Arbeiten beginnen sollen. In den nächsten Tagen werden die Bauträger beraten, wie es im Detail weitergeht. Ein effektiver Baustart im 2. Halbjahr ist mehr als wahrscheinlich. In dieser ersten Bauphase auf etwa zehn von über 50 Hektar sollen etwa 1.600 Wohnungen – über 90% geförderter Wohnbau – und ein Studentenheim errichtet werden.
Virus-Sprecher Wolfgang Rehm: „Wir haben am Wiener Landesverwaltungsgericht einen maximal desinteressiert wirkenden Verwaltungsrichter erlebt. Die Wahrung unserer Verfahrensrechte war von der Akteneinsicht bis zur mündlichen Verhandlung nur äußerst eingeschränkt möglich. Die Entscheidung nach abruptem Verhandlungsabbruch müssen und werden wir nun beim Verwaltungsgerichtshof bekämpfen“. Rehm sieht ein „Damoklesschwert Rechtsunsicherheit“, sollte tatsächlich heuer ein Baustart erfolgen.











Das Donaufeld im 21. Wiener Gemeindebezirk ist eine heiß umkämpfte Konfliktzone. Während die Stadt Wien an uralten Plänen zur Verbauung festhält und eine Umweltverträglichkeitsprüfung bisher verweigert hat, setzt sich die Bürgerinitiative „Freies Donaufeld“ gegen den zunehmenden Bodenverbrauch und für den Erhalt dieses fruchtbaren Schwemmlandes mit guter Wasserversorgung ein. Als Folge der massiven Naturschutzkonflikte ist die Umweltorganisation VIRUS auf den Plan getreten und hat nach zweijährigem Naturschutzverfahren 2023 von ihrem Beschwerderecht gegen den Bescheid der Stadt Wien für den Bauteil “ an den Schanzen“ Gebrauch gemacht. Diese Beschwerde wurde nun abgewiesen.
„Das wäre an sich nichts Besonderes aber die Umstände des Verfahrens sind es, das kann ich aufgrund unserer langjährigen Erfahrung mit dutzenden Umweltverfahren sagen. Hier hat es nach unserer Ansicht durchgängig an der gebotenen Neutralität der Verfahrensführung gefehlt“, kritisiert Rehm. Während den Projektwerbern Unterlagen proaktiv am Silbertablett serviert worden seien, habe man bei den Versuchen der Beschwerdeführer den unübersichtlich geführten und lückenhaften Akt zu ergründen und Unterlagen ebenfalls unbürokratisch elektronisch zu erhalten „den Amtsschimmel wiehern lassen“, so Virus.
Gutachter seien keine bestellt sondern lediglich in letzter Minute zwei Amtssachverständige der Stadt Wien mit zur mündlichen Verhandlung geladen worden. Dies, obwohl der ASV für Naturschutz gleichzeitig im Beschwerdeverfahren noch für die Behörde tätig geworden und obwohl die ASV für Stadtplanung vom mächtigen Stadtbaudirektor zu Programmkoordinatorin für eben das Donaufeld ernannt worden war, kritisert Rehm.
Der Gipfel ist für VIRUS laut einer Aussendung aber die für lediglich eine Tagsatzung geplante und dann nur um eine weitere kurze Tagsatzung verlängerte Verhandlung gewesen, laut Rehm völlig unzureichend: „Hier wurde ein Minimalismusrekord aufgestellt. Das Kuriosum dass einen Richter offenkundig Unionsrecht nicht interessiert, obwohl im Umweltbereich alles auf EU-Recht aufgebaut ist trat hinzu“. Nur ein Bruchteil der Beweisthemen habe überhaupt angesprochen werden können. „Wir sehen daher die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf eine mündliche Verhandlung verkürzt. Nicht einmal die unzureichenden Auflagen waren es der Mühe wert diese Frage auch nur anzureißen. Es gab zwar keinen Verhandlungsplan aber die Uhr als den bestimmenden Faktor,“ kritisiert Rehm und setzt zur Objektivität des Verfahrens nach: „Diese quasi Nichtverhandlung erweckte für uns den Eindruck einer vom Ergebnis unabhängigen, längst vorab feststehenden Entscheidung.“
Jetzt müsse abgewartet werden, bis der Richter am Verwaltungsgericht Wien seiner Verkündung auch ein begründetes Erkenntnis folgen lässt, damit im Anschluss Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden kann. „Nachdem der Naturschutzbescheid zumindest vorübergehend Rechtskraft erlangt hat, könnte aktuell gebaut werden, über den Projektwerbern hinge dann allerdings das Damoklesschwert einer nicht gegebenen Rechtssicherheit“, warnt Rehm abschließend.