Erstes Moslem-Grab auf Floridsdorfer Friedhof: Unbekannte entfernen Glaubenssymbole

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Ilse Fitzbauer und Safak Akcay. Foto@Nevena Krtolica.
Ilse Fitzbauer und Safak Akcay. Foto@Nevena Krtolica.
Stein

Auf einem bekannten Floridsdorfer Friedhof wurde vor kurzem erstmals ein Moslem beerdigt. Wenig später wurde das Glaubenssymbol – ein grüner Halbmond – von Unbekannten entfernt. Danach wurde der Familie empfohlen, daran zu denken, keine Insignien, die auf den Glauben hinweisen, anzubringen. Für die Familie des Österreichers ist das nicht akzeptabel.

„Hier ruht ein anständiger und fleißiger Mensch ….“, mit diesen Worten beginnt ein Schreiben – provisorisch angebracht – an einem Grab auf einem Friedhof in Floridsdorf. Es ist das Grab des einzigen Moslems auf diesem Friedhof und es brauchte keine Wochen bis das Zeichen seines Glaubens (Anmerkung: ein grüner Halbmond), das seine Familie anbrachte um die Zeit bis zur Fertigstellung des Grabsteines zu überbrücken, spurlos verschwunden war. Einfach entfernt, weil es anscheinend störte. Die Familie fordert nun Respekt. 

„Wer die Geschichte dahinter nicht kennt, wird sich wahrscheinlich über dieses Schreiben wundern. Ich kenne den Verstorbenen und seine Familie, die diese Respektlosigkeit zu tiefst getroffen hat“, erzählt Gemeinderätin Ilse Fitzbauer. 

Der Verstorbene, ein gebürtiger Bosnier, der 54 seiner 77 Lebensjahre – fast 47 davon als österreichischer Staatsbürger – friedlich und ohne sich etwas zu Schulden kommen zu lassen, im Kreis seiner österreichischen Familie inmitten von uns allen lebte. Er war islamischen Glaubens, das wusste niemand, außer seine aus dem Burgenland stammende Ehefrau erzählte es. Er hatte Kinder und Enkelkinder, baute ein Haus. Das Geld dafür verdiente er über Jahrzehnte im Gaswerk Leopoldau. Ein freundlicher Mann, stolz auf seine Lebensleistung. Ein netter Großvater, der schon vor mehr als 20 Jahren den Mehrwert von Solarenergie erkannte. Auf seinem Haus gibt es daher auch eine Solarpanele. Eine der ersten und wenigen in der Gartensiedlung, in der er lebte.

So wie er lebte wurde er nun auch von seinen Angehörigen begraben 

Nicht nach Mekka ausgerichtet, sondern inmitten von Menschen mit oder ohne Glaubensbekenntnis. Neben Verstorbenen alteingesessener Floridsdorfer Familien und den imposanten Grabstätten großer Romafamilien. Den einzigen Hinweis auf seinen Glauben gab die angebrachte grüne Sichel des Halbmondes. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass ausgerechnet sein Grab als einziges im Umkreis heimgesucht wurde. Davon ist die Familie überzeugt. Durchaus gut gemeint, wurde der Familie empfohlen daran zu denken keine Insignien, die auf den Glauben hinweisen, anzubringen. Es sollen damit zukünftige Devastierungen vermieden werden.

„Für die Familie nicht akzeptabel. Auch für uns kein gangbarer Weg. Friedhöfe sind Orte der Kultur und Teil der Stadtgeschichte. Unabhängig von Religion und Herkunft stellt die Friedhöfe Wien GmbH allen in Wien lebenden eine würdevolle Grabstätte zur Verfügung und legt großen Wert darauf, dass das so bleibt.“, stellen Fitzbauer und Gemeinderätin Safak Akcay, Integrationssprecherin der SPÖ Wien und selbst alevitischen Glaubens, fest.

Die Wiener Friedhöfe halten fest: „Es wurde uns zurückgemeldet, dass es aufgrund des Gedenkzeichens am Grab zu einzelnen Beschwerden von FriedhofsbesucherInnen kam. Wobei die Friedhofsverwaltung die BeschwerdeführerInnen auf die interkonfessionelle Ausrichtung der Friedhöfe und die gültige Bestattungsanlagenordnung hingewiesen hat. Die von der Friedhöfe Wien GmbH verwalteten Friedhöfe werden interkonfessionell geführt und dienen der Bestattung verstorbener Personen ohne Unterschied von Religion, Bekenntnis, Weltanschauung, Herkunft, Rasse und sozialem Hintergrund, dienen.“

“Wien ist eine Stadt, die verschiedene Kulturen, Religionen und Lebensweisen vereint. Die Stadt, die alle mitgestaltet, mitentwickelt und mit ihrer Geschichte mitgeprägt haben. Auch der Verstorbene war einer von ihnen. Die Tatsache, dass er als Muslim auf einem städtischen Friedhof inmitten vieler anderer Floridsdorferinnen und Floridsdorfer seinen Platz gefunden hat, zeigt wie integriert er war. Jener Respekt, den der Verstorbene Zeit seines Lebens seinen Mitmenschen entgegenbrachte, gebührt auch ihm und seiner trauernden Familie.“, fordert Akcay. „Als Integrationssprecherin ist es mir besonders wichtig, dass unsere Gesellschaft Menschen nicht in ein Wir und in ein Ihr trennt. Das gilt über den Tod hinaus.“