Illegale Zigarettenfabrik in Floridsdorf ausgehoben

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Illegale Zigarettenfabrik in Floridsdorf ausgehoben. Foto: Bundesministerium für Finanzen.
Illegale Zigarettenfabrik in Floridsdorf ausgehoben. Foto: Bundesministerium für Finanzen.
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Die Zollfahndung Wien stellte bei einer Hausdurchsuchung mit Einheiten der Wiener Polizei in einer Lagerhalle im 21. Wiener Gemeindebezirk am 12. November 2020 insgesamt 13 Tonnen Tabak und zahlreiche Geräte sicher. Die Lagerhalle wurde offenbar als illegale Produktionsstätte für Zigaretten verwendet, die sich gerade erst im Aufbau befand und nur kurze Zeit in Betrieb war. Im Zuge der Hausdurchsuchung wurde eine Person, die versuchte zu flüchten, festgenommen.

„Das ist ein massiver Schlag gegen die international organisierte Zigarettenmafia. Ich danke der Zollfahndung für die großartige Arbeit, die in diesem Fall geleistet wurde, um Konsumentinnen und Konsumenten sowie die redliche Wirtschaft zu schützen“, so Finanzminister Gernot Blümel.

Aufmerksam wurde man auf die illegale Zigarettenfabrik aufgrund konkreter Informationen eines Hinweisgebers. Das verschlossene Gebäude konnte nur mit Gewaltanwendung geöffnet werden. In der 1.300 m3 großen Halle befand sich eine komplette Produktionsanlage zum Herstellen von Zigaretten sowie Schlaf- und Wohnräume der Arbeiter. Die Zeit vom Öffnen bis zum Eindringen der Beamten in die Halle haben die anwesenden Personen genützt, um durch eine Öffnung in einer Gipskartonwand in ein Nebengebäude zu gelangen und zu fliehen. Aufmerksamen Beamten ist es später gelungen, einen Flüchtigen mit griechischer Nationalität festzunehmen.

Das Herzstück, die Zigarettenherstellungsmaschine, wurde nach Angeben eines hinzugezogenen Experten von Philip Morris, für dessen Unterstützung das BMF sehr dankbar ist, in der Tschechischen Republik hergestellt. Die weiteren Geräte stammen aus der Türkei und aus dem asiatischen Raum. Die Schließung von legalen Zigarettenfabriken in Osteuropa führte dazu, dass diese Zigarettenherstellungsmaschine über dunkle Kanäle in die Hände von Kriminellen gelangte. Arbeitslos gewordene Arbeiter und Maschinisten werden von Kriminellen angeworben, arbeiten für einen Hungerlohn in derartigen illegalen Produktionsstätten und führen ein äußerst tristes Dasein. Persönliche Gegenstände werden ihnen abgenommen und sie dürfen während ihres mehrwöchigen oder -monatigen Aufenthaltes die Zigarettenfabrik nicht verlassen.

Strom durch Dieselaggregat hergestellt, um keine Aufmerksamkeit zu erregen

Die tägliche Fertigungsmenge der Zigarettenherstellungs- und Verpackungsmaschine beträgt 2.000 bis 2.500 Stangen Zigaretten und für deren Bedienung werden sieben Arbeitskräfte benötigt. Eine Tabak-Schneidemaschine war ebenso vorhanden wie ein Tabaktrocknungszylinder, ein Dieselaggregat und ein Druckluftkompressor. Um durch den hohen Stromverbrauch der Maschinen nicht die Aufmerksamkeit der Elektrizitätswerke zu erwecken, wurden diese Gerätschaften nicht über das öffentliche Stromnetz, sondern von einem unabhängigen Dieselaggregat betrieben. An den Wänden angebrachte Dämmmatten schirmten den Lärm nach Außen ab.

Störsender sollte Ermittler behindern

Sämtliche Gegenstände wurden von den Zollfahndungsbeamen beschlagnahmt und abtransportiert. Sichergestellt werden konnte auch ein von den Kriminellen verwendeter Störsender. Dieser sollte etwaige eingesetzte elektronische Geräte zum Orten von Handys oder Funksignalen der Ermittler wirkungslos machen.

Der Experte schätzt, dass die Zigarettenproduktionsmaschine 10 Wochen in Betrieb war und in diesem Zeitraum etwa 52.000 Stangen Zigaretten produziert, weggebracht und veräußert wurden. Ein höchst gewinnbringendes Geschäft, beträgt doch der bisherige Umsatz mindestens 1,5 Millionen Euro auf dem Schwarzmarkt

Weitere 13 Tonnen Tabak-Feinschnitt sowie zahlreiche Paletten mit Zigarettenfilter, Papier, Kartons und Folien die sichergestellt wurden hätten ausgereicht, um weitere 65.000 Stangen Zigaretten für den Schwarzmarkt zu produzieren, wodurch die Kriminellen weitere 2 Millionen Euro lukriert hätten. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 wurden insgesamt 25.000 Stangen Zigaretten sichergestellt sowie 5,9 Tonnen Rauchtabak, was für weitere etwa 30.000 Stangen gereicht hätte. Zuletzt wurde im Jahr 2018 eine ähnliche illegale Produktionsstätte im Raum St. Pölten entdeckt, wo insgesamt 32,8 Mio Tonnen Tabak beschlagnahmt wurden.

3,5 Mio Euro Tabakasteuer hinterzogen

Die Tabaksteuer für den sichergestellten und bereits verarbeiteten Tabak beträgt in Österreich 3,5 Millionen Euro. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Kriminellen über ein Verteilernetz in ganz Europa verfügen. Die Hauptverantwortlichen erwartet neben Steuernachzahlungen in Millionenhöhe ein Gerichtsverfahren wegen bandenmäßiger Abgabenhinterziehung und betreiben einer illegalen Zigarettenfabrik. Das Strafhöchstmaß beträgt bis zu 10 Millionen Euro Geldstrafe und bis zu 5 Jahren Haftstrafe. Die Fahndung nach den Hintermännern läuft auf Hochtouren.