Lotto-Peter – der Letzte seiner Art

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Links: Peter Vycital in seinem kleinen Reich. Fotos: Robert Sturm - www.cordbase.com
Links: Peter Vycital in seinem kleinen Reich. Fotos: Robert Sturm - www.cordbase.com
Stein

Lotto-Kollektur und Romane tauschen: Herr Vycital und sein kleines Reich auf der Brünner Straße.

Lotto-Kollektur. Ein Begriff aus vergangenen Zeiten. Im Bezirkszentrum betreibt Peter Vycital seit 71 Jahren eine der letzten Mini-Glücksspielzentralen Österreichs. Und auch zum 80. Geburtstag ist noch lange nicht Schluß …

Peter Vycital betreibt die kleine Annahmestelle in der Brünner Straße 21 seit 1948! Drei Jahre zuvor hatte sein Vater als Kriegsversehrter die Lotto-Kollektur bekommen. Bei dessen Tod durfte ‚Lotto-Peter‘ mit acht Jahren übernehmen. „Das Geschäft hat natürlich meine Mutter geführt. Ich bin am Vormittag in die Deublerschule in Jedlesee gegangen und am Nachmittag im Geschäft gestanden”, erinnert sich Peter Vycital. Gewohnt wurde auf Zimmer und Küche gleich hinter dem Geschäft. Damals gab es ausschließlich Zahlenlotto. Die Chance auf das große Glück hatte man schon um fünf Groschen.

Vor seiner  Lotto-Kollektur auf der Brünner Straße.   Fotos: Robert Sturm - www.cordbase.com
Vor seiner
Lotto-Kollektur auf der Brünner Straße.
Fotos:
Robert Sturm –
www.cordbase.com

Eine andere Zeit

„Früher war genau vis a vis meines Geschäftes die Bim-Station, der Bahnhof noch hinter dem Schlingermarkt und die Brünner Straße eine echte Einkaufsstraße mit Fürnkranz und anderen”, erzählt Lotto-Peter ohne große Sentimentalität.

Der Plan, aus der Lotto-Kollektur eine Trafik zu machen, wurde abgelehnt: Weil es vor Jahrzehnten noch zu viele Trafiken gab. Kurzzeitig verlegte er sich zusätzlich auf den Verleih von VHS-Videokasetten. In den Achtzigern und Neunzigern ein höchst erfolgreiches Geschäftsmodell. Danach bietet er bis heute Groschenromane zum Tausch an. Reich wird er auch mit Liebesromanen, Western-Geschichten oder Jerry-Cotton-Hefterln nicht wirklich: „40 Cent pro Heft nehme ich und meine Kunden werden immer weniger. Das Tablet hat alles verändert.”

Der letzte seiner Art

Kinder, Enkel und sogar fünf Urenkel hat Vycital – die Nachfolge wird wohl keiner der zahlreichen Nachkommen antreten. „Geh, mit einer Lotto-Kollektur kannst du heute kaum mehr was verdienen. Ich bin längst in Pension. Dass ich jeden Tag um sechs in der Früh aufsperre und um 12 Uhr zu, ist halt mein Hobby. Meine Kunden kommen ja seit Jahrzehnten und wir tratschen halt ein bisserl.”

Für viele seiner Kunden – einer bezeichnet Vycital beim Besuch der DFZ als „unseren Floridsdorfer Jungunternehmer” – ist er unverzichtbar. Und Urlaub? „Urlaub?“, sagt der rüstige Pensionist mit ernster Miene, „Urlaub hatte ich seit 37 Jahren nicht!”

 

Dass er als Lotto-Kollektor zu einer aussterbenden Art gehört, ist ihm an seinem 80. Geburtstag am 24. Jänner durchaus bewusst: „Wir haben unseren eigenen Verband aufgelöst – es gibt ja nur noch 21 Lotto-Kollekturen in ganz Österreich.” Gut möglich, dass Lotto-Peter tatsächlich der Letzte seiner Art sein wird. Denn ans Aufgeben denkt er zum 80er noch lange nicht. „Ich hoffe auf noch mindestens 10 Jahre!” -HANNES NEUMAYER