Müllplanquadrate gegen Gemeindebauvermüllung

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Müll im Gemeindebau. Bild: Privat.
Müll im Gemeindebau. Bild: Privat.
Stein

Nahezu täglich dokumentiert Gabriele Schellig ihre „Berichte von der Müllfront in der Gemeindebauanlage Ruthnergasse 56-60”. Fast ebenso täglich erreichen die DFZ Berichte aus Floridsdorfer Gemeindebauten – Tenor: „Die Verschmutzung bei uns nimmt unerträgliche Ausmaße an!” Drei aktuelle Fälle.

Fall 1: Susanne Damböck wohnt seit neun Jahren im Karl-Seitz-Hof. „Solange wir unsere liebe Hausmeisterin hatten, war hier bis auf Kleinigkeiten alles okay. Jetzt gibt es bei den eingegitterten Mistkübelplätzen permanent Sperrmüllablagerungen. Und alle Mieter werden von Wiener Wohnen zur Verrechnung der Räumungen herangezogen.” Auch mehrere Anrufe im Callcenter von Wiener Wohnen halfen wenig: „Die lakonische Antwort war, dass wir Mieter den Verursacher zu finden haben…”. Damböck fordert „eine Videoanlage zu installieren”.

Auf die Missstände hingewiesen meint Wiener Wohnen: „Jedem Mieter muss klar sein, dass zusätzliche Reinigungs- und Entsorgungsarbeiten Geld kosten und die Betriebskosten erhöhen – und zwar für alle! Wenn der Verursacher bekannt ist, können wir die Kosten entsprechend weiterverrechnen. Unsere Ordnungsberater etwa führen bei ihren Kontrollgängen solche Überprüfungen durch und ziehen Rückschlüsse auf die Verursacherin/den Verursacher – wir sind aber natürlich auch über jeden Hinweis von Mietern dankbar.”

Die Verrechnung von Entrümpelungen in den Betriebskosten ist im österreichischen Mietrechtsgesetz (MRG) verankert und gilt für alle Vermieter, ganz egal ob Gemeindebau, Genossenschaft oder Privatzinshaus.

Fall 2: Ruthnergasse 56-60 Ein Lied über die Arbeit der ‘Ordnungsberater’ kann Gabriele Schellig singen – dazu später. Die Obfrau des Mieterbeirates und des beliebten ‘Treffpunkt Ruthnergasse’ ist als engagierte Gemeindebaubewohnerin und ganz sicher nicht als Wutbürgerin bekannt. Dennoch platzt ihr in den letzten Wochen täglich der Kragen. In ihrer Grätzlzeitung ‘Rundblick’ dokumentiert sie penibel das Übel:  Von Balkonen geschmissene Windeln und Dreck, Säcke von in die Wiese geworfener Lebensmittel, die natürlich Ratten anlocken. Verschmutzung der Waschküchen mit Hundehaaren oder Fäkalien – Schellig: „Wozu man in der Waschküche Klopapier braucht, ist mir ein Rätsel!”

Müll im  Gemeindebau. Bild: Privat.
Müll im Gemeindebau. Bild: Privat.

Die Liste geht weiter: Dreck im Aufzug, „gebrauchte Kondome und ‘Tschick’ im Keller, den manche auch mit einem Klo verwechseln.” Sperrmüllablagerungen und Mist neben den Kübeln gehören in der Ruthnergasse zum Alltag. Schellig: „Wir brauchen nicht diskutieren: Die Müllprobleme haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Als ehrenamtliche Mieterbeirätin fühle ich mich oft hilflos. Viele wohnen hier seit die Anlage vor 50 Jahren entstanden ist und möchten in Ruhe und Frieden in einem sauberen und intakten Umfeld leben.”

Wiener Wohnen-Sprecher Markus Leitgeb zum konkreten Fall: „Hier haben wir auf Wunsch der Mieter Mistplatzeinhausungen errichtet. Leider bestätigt sich unsere Erfahrung, dass die Verunreinigungen meistens nicht von Hausfremden stammen, sondern von schwarzen Schafen unter den Bewohnern.” Konsequenz: Die Schlüssel für die Mistplätze wurden endlich an alle Mieter ausgeteilt. Wenn Verunreinigungen gemeldet werden, werden zusätzliche Reinigungsarbeiten durchgeführt.

Leitgeb: „Mit der Mieterbeirätin wurde zudem besprochen, dass die Ordnungsberater ab jetzt verstärkt Kontrollen in der Wohnhausanlage durchführen sollen. Alle Mieter werden zudem angeschrieben und über die richtige Müllentsorgung sowie die Konsequenzen bei Nichteinhaltung informiert.” Schellig ist nur teilweise zufrieden: „Ordnungsberater machen nur Sinn, wenn Sie nicht die Augen vor den Problemen verschließen.”

Fall 3: Mitterhofgasse 2 Monika Achatz ärgert sich im Koch-Hof, im 21. Bezirk meist Manhattan genannt, über die täglichen Sperrmüllorgien: „Die Außenbetreuer räumen das bei Wind und Wetter weg und am nächsten Tag das selbe Chaos. Wir wollen, dass das endet! Denn derzeit haben wir hier eine massive Rattenplage.” Die Beweisfotos ersparen wir unseren Lesern lieber… Wiener Wohnen bestätigt nur „hier werden jeden Montag alle Müllräume, Müllplätze und die Außenbereiche entrümpelt und gesäubert”. Müllplanquadrate Wiener Wohnen startet nun mit der MA 48 sowie der Grätzlpolizei eine Schwerpunktaktion zum Thema Sauberkeit: Müllplanquadrate! Zuerst durch persönliche Gespräche, dann mit verstärkten Kontrollen zu unterschiedlichen Zeiten, auch bei Dämmerung oder auch inkognito. Werden dann Verstöße gegen die Hausordnung oder das Wiener Reinhaltegesetz wahrgenommen, werden die Verursacher zu persönlichen Gesprächen bei Wiener Wohnen eingeladen, verwarnt oder gerichtlich belangt, etwa mit einer Unterlassungsklage. Gerade die größeren Wohnhausanlagen in Floridsdorf eignen sich für diese neuen Müllplanquadrate bestens, so Wiener Wohnen. Leitgeb: „Ein Organmandat der Ordnungsberater kostet 50 Euro. Bei Anzeigen, etwa wegen illegaler Sperrmüllablagerungen, kann es schnell teurer werden – hier steigen die Kosten auf bis zu 2.000 Euro. Die richtige Müllentsorgung ist also deutlich günstiger für die eigene Brieftasche!”