AUVA-„Back to Life“-Award Wien für Thomas Fischer aus Floridsdorf

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Fischer zu Hause © AUVA, Jacqueline Godany.
Fischer zu Hause © AUVA, Jacqueline Godany.
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Der 18. Oktober 1992 veränderte das Leben eines jungen Paares für immer: Auf dem Weg nach Hause gerieten der damals 23-jährige Thomas Fischer und seine Freundin in eine Massenkarambolage. Fischer wurde schwer verletzt, die Ärzte gaben ihm nur eine geringe Überlebenschance. Heute lebt Fischer ein selbstbestimmtes Leben und kümmert sich liebevoll um seinen kleinen Sohn. Bei einem Festakt im Rathaus wurde er nun am 9. Dezember 2019 mit dem „Back to Life“-Award der AUVA ausgezeichnet.

In Vertretung von Bürgermeister Dr. Michael Ludwig überreichte der Vorsitzende des Gesundheits- und Sozialausschusses im Wiener Landtag, KommR Kurt Wagner, den Award an Fischer. „Wir freuen uns, in Wien jedes Jahr zusammen mit der AUVA Menschen auszuzeichnen, die nach schweren Schicksalsschlägen ihren Weg zurück ins Leben gehen“, sagte Wagner. „Unfallopfer werden plötzlich aus ihrem Alltag gerissen. Als soziale Unfallversicherung bemühen wir uns, einen so gravierenden Einschnitt mit ganzheitlichen Leistungen abzufedern – angefangen von der Akutbehandlung, über die Rehabilitation und finanzieller Unterstützung für die Zeit danach. Doch es braucht Menschen wie Thomas Fischer, die diese Chance auch zu nutzen wissen“, meinte Alexander Bernart, Generaldirektor der AUVA. Er hat den „Back to Life“-Award initiiert, der seit 2016 vergeben wird. Der Vorsitzende des Verwaltungsrates der AUVA, Mario Watz, würdigte Fischer im Namen der Wirtschaftskammer Wien mit einem Warengutschein im Wert von € 2.000. Er betonte die hohen Standards, die die AUVA bei der Rehabilitation ihrer Versicherten ansetzt: „Das Gesetz verpflichtet uns dazu, Menschen nach Arbeitsunfällen, mit ‚allen geeigneten Mitteln‘ zu unterstützen. Gerade bei Schwerverletzten gibt uns das die Chance, ihnen trotz gesundheitlicher Einschränkungen eine gute Rückkehr ins Leben zu ermöglichen. Der ‚Back-to Life‘-Award zeigt jedes Jahr wie wichtig das ist, denn es geht hier nicht um Zahlen, sondern um Menschen“, so Watz. Seitens der Gewerkschaft Bau-Holz Niederösterreich gab es einen Gutschein für einen Wellnessurlaub in einem barrierefreien Hotel, der, in Vertretung von Thomas Gerstbauer, von Kammerrat Andreas Hitz überreicht wurde.

v.l.n.r.: Partnerhund "Struppi", Wanda Fischer (Ehefrau), Thomas Fischer (Preisträger), Alexander Bernart (Generaldirektor der AUVA). Fotos: Jacqueline Godany.
v.l.n.r.: Partnerhund „Struppi“, Wanda Fischer (Ehefrau), Thomas Fischer (Preisträger), Alexander Bernart (Generaldirektor der AUVA). Fotos: Jacqueline Godany.

Trotz schwerster Verletzungen: Das ist nicht das Ende

Fischer war mit seiner damaligen Freundin und heutigen Frau Wanda auf der Autofahrt von einem Arbeitstermin in Wien zurück nach Tirol, als die beiden bei schwierigen Witterungsbedingungen unverschuldet in einen Serienunfall verwickelt wurden. Fischer erlitt schwere innere Verletzungen und ein Schädel-Hirn-Trauma. Noch in derselben Nacht wurde er im nächstgelegenen Krankenhaus notoperiert. Fischer verlor viel Blut und fiel in ein Koma. Wanda erinnert sich: „Die Zeit auf der Intensivstation war schlimm, die Ärzte gaben meinem Mann nur eine sehr geringe Überlebenschance.“ Auf Anraten der Mediziner und auf Wunsch seiner Mutter wurde für den Fall der Fälle eine Krankensalbung durchgeführt. Doch Wanda Fischer spürte tief im Herzen, dass das noch nicht das Ende sein konnte. Sie hatte recht, Thomas Fischer blieb am Leben. In der Wachkomaphase wurde er nach Wien in das neurologische Krankenhaus Maria-Theresien-Schlössel – heute Teil des Otto-Wagner-Spitals – verlegt. Damit sie jederzeit bei ihrem Mann sein konnte, zog Wanda aus Tirol zurück nach Wien: „Ich und die ganze Familie haben uns intensiv um Thomas gekümmert. Jeden Tag war jemand bei ihm. Wir haben mit ihm gesprochen oder ihm etwas vorgelesen – als uns der Stoff ausgegangen ist, sogar den Börsenteil der Zeitung.“, erzählt sie. Nach fast 100 Tagen erwachte Thomas aus dem Wachkoma. „Ein Happy End, aber eigentlich erst der Anfang unserer Geschichte“, sagt Wanda.

Beste medizinische Unterstützung auf dem langen Weg zurück
Nach seiner Entlassung aus dem Spital begann im Rehabilitationszentrum Meidling die eineinhalbjährige Nachsorge, zwölf Monate davon stationär. Meidling ist einer von zwei Standorten des AUVA-Traumazentrums Wien (TZW), das als größtes traumatologisches Zentrum Österreichs jährlich über 150.000 Unfallopfer versorgt. Das Rehabilitationszentrum, das direkt an das Unfallkrankenhaus anschließt, ist auf die neurorehabilitative Behandlung von schweren Schädel-Hirn-Traumata spezialisiert. Mit Hilfe der erstklassigen Therapien kämpfte sich Fischer Schritt für Schritt zurück ins Leben. Selbst das Sprechen musste er neu lernen, da seine Stimmbänder aufgrund der langen Intubation verkürzt sind. „Wichtig ist, dass man sich Zeit gibt. Ein Jahr ist gar nichts“, sagt er über diese Phase. Nach wie vor absolviert Fischer regelmäßig Physio-, Ergo- sowie Logopädie-Therapien und trainiert seine Muskulatur im Fitnesscenter. Immer noch macht er Fortschritte.

v.l.n.r.: Mag. Reinhard Minixhofer (Dir.-Stv. AUVA-Landesstelle Wien), Wanda Fischer (Ehefrau), DI Mario Watz (Vorsitzender des Verwaltungsrates der AUVA, Wirtschaftskammer Wien), Alexander Bernart (Generaldirektor der AUVA), Tim Fischer  (Sohn), LAbg. KommR Kurt Wagner (Vorsitzender des Gesundheits- und Sozialausschusses der Stadt Wien), Thomas Fischer (Preisträger), Kammerrat Andreas Hitz (Gewerkschaft Bau-Holz Niederösterreich). Bild: © R. Reichhart.
v.l.n.r.: Mag. Reinhard Minixhofer (Dir.-Stv. AUVA-Landesstelle Wien), Wanda Fischer (Ehefrau), DI Mario Watz (Vorsitzender des Verwaltungsrates der AUVA, Wirtschaftskammer Wien), Alexander Bernart (Generaldirektor der AUVA), Tim Fischer (Sohn), LAbg. KommR Kurt Wagner (Vorsitzender des Gesundheits- und Sozialausschusses der Stadt Wien), Thomas Fischer (Preisträger), Kammerrat Andreas Hitz (Gewerkschaft Bau-Holz Niederösterreich). Bild: © R. Reichhart.

Nach dem langen Aufenthalt im Krankenhaus und auf Reha zog Thomas Fischer zunächst wieder bei seinen Eltern ein. Doch für Wanda war klar, dass sie mit Thomas wieder in einem eigenen Zuhause leben will – obwohl ihr Mann rechtsseitig gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen ist. 1995 fanden die beiden in Floridsdorf eine Genossenschaftswohnung, die ganz nach Fischers Bedürfnissen rollstuhlgerecht gestaltet ist. „Es war uns immer wichtig, nach meiner Genesung wieder in den Alltag zurückzukommen“, betont er. Vor allem seine Frau steht ihm dabei jederzeit zur Seite. Aber auch andere haben geholfen: „Mein Chef ist sehr loyal, er hat mich immer unterstützt. Auch jetzt kann ich jederzeit nach Hause gehen, wenn Thomas mich dringend braucht. Das war in all den Jahren aber zum Glück erst zwei Mal notwendig“, sagt Wanda. Die Zahnarztpraxis, in der sie seit langem arbeitet, befindet sich gleich im Nachbarhaus. Auch die Unterstützung der AUVA war für die Familie Fischer sehr wichtig. „So haben wir es geschafft, unser Leben neu einzurichten. Ich kann beruhigt in die Arbeit gehen, und weiß, dass Thomas zurechtkommt“, sagt Wanda.

Ein gutes Team mit Sohn Tim
Thomas ist heute 50 Jahre alt und trotz seiner körperlichen Einschränkungen sehr selbstständig. Er kann sich allein waschen und anziehen, im Haushalt übernimmt er feste Aufgaben, saugt Staub oder räumt den Geschirrspüler aus. Zur Therapie und zum Einkaufen fährt er, immer assistiert von seinem Partnerhund „Struppi“, mit dem E-Rollstuhl. Wanda ist seit 32 Jahren bedingungslos an seiner Seite, seit 16 Jahren sind die beiden verheiratet. Vor sieben Jahren wurde ihr gemeinsamer Sohn Tim geboren, für beide das „größte Geschenk“, das ihnen das Leben gemacht hat. Tim wurde im Herbst eingeschult. Wenn Wanda in der Arbeit ist, kümmert sich Thomas auch um Tim. Als der noch ein Baby war und gewickelt werden musste, sprangen die Omas ein, aber jetzt bewältigt Thomas alles allein und ist darauf sehr stolz. Mittags holt er Tim oft von der Schule ab. „Im Kindergarten war er der Star, weil sein Papa einen elektrischen Rollstuhl benützt, den er steuern darf“, erzählt Thomas. Jetzt radelt Tim aber lieber mit dem Fahrrad neben seinem Vater her.

Trotz schwieriger Zeiten haben Wanda und Thomas Fischer ihre positive Lebenseinstellung nie verloren, das wollen sie mit dem AUVA-„Back to Life“-Award auch anderen Menschen zeigen: „Es ist nicht immer leicht, aber wir haben nie aufgegeben und gekämpft. Und heute können wir sagen, dass alles gut ausgegangen ist. Wir haben das Beste aus unserer Situation gemacht“!