Der FTV 1865 führte bereits 1901 eine Frauen- und Mädchenriege ein, an der sich anfangs 14 Turnerinnen beteiligten. Dabei wurde auf Bürgerlichkeit ebenso geachtet wie auf angebliche biologische Unterschiede: Angestrebt wurde ein elastischer und den mütterlichen Aufgaben gemäßer Frauenkörper. Bild: Bezirksmuseum Floridsdorf.
Floridsdorf gilt bis heute als Arbeiterbezirk. Eine bislang weniger beleuchtete Seite der Bezirksgeschichte präsentieren Gabriele Dorffner und Matthias Marschik in ihrem Buch. In ,Wien-Floridsdorf. Bürgerliches Alltagsleben im 21. Bezirk 1880 bis 1960‘ finden sich 220 zumeist unveröffentlichte historische Aufnahmen, die zu einer spannenden Zeitreise in das alte Floridsdorf einladen.
In 15 Kapiteln werden Beamte, Industrielle, Pfarrer, Zinskasernen, Unterricht, Sport, Feiern und der private Bereich übersichtlich beleuchtet. Die Reise führt zu vielen bekannten Floridsdorfer Namen, Geschäften und Orten. Unzählige existieren nicht mehr und wecken wohl bei älteren Semestern Erinnerungen.
Ein Schwerpunkt: Die bäuerliche Tradition im Bezirk – egal ob Landwirtschaft oder Wein. „Gerade weil, wie in Donaufeld, immer mehr dieser Flächen und somit auch die Geschichte und Tradition verschwinden, müssen sie hochgehalten werden“, so Marschik.
Der Aussage, dass Floridsdorf immer der Arbeiterbezirk war, widerspricht der Schwarzlackenauer Autor: „Das stimmt einfach nicht. Ich weiß das aus meiner eigenen Familiengeschichte: Ich habe eine proletarische und eine gutbürgerliche Seite. Diese andere Seite wollte ich dokumentieren. Trotzdem bin ich stolz auf die Arbeiterseite meiner Familie.“
Familie Bernreiter ist schon lange in Jedlersdorf ansässig. Betrieb man zunächst Ackerbau und Viehzucht, eröffnete man 1864 ein Lebensmittelgeschäft. Das Bild zeigt Magdalena Bernreiter um 1920 vor der Gemischtwarenhandlung. Ab 1919 widmete man sich primär dem Weinbau und der Ausschank. Bild: Bezirksmuseum Floridsdorf.In Wien wurde erst spät ein städtisches Bus-System aufgebaut, das ab 1929 über das Gebiet der Innenstadt hinausreichte. Eine der ersten Linien war eine Schnellverbindung vom Stephansplatz – nach Floridsdorf (Am Spitz, Linie 5). Auch in den 1950er-Jahren gab es wieder eine Buslinie von der Bellaria zum Spitz. Bild: Bezirksmuseum Floridsdorf.Vor der St.-Jakobs-Kirche (heute: Pius-Parsch-Platz) in Floridsdorf wird 1905 mit einer Messe im Freien und unter Teilnahme der Feuerwehr und der ‚Harmonie‘ die Eingemeindung nach Wien gefeiert. Die Männer im Frack und die Frauen mit weißen Sonnenschirmen zeigen, dass die Oberschicht des neuen Bezirkes versammelt war. Bild: Bezirksmuseum Floridsdorf.Der Lehrer Hubert und seine Schwester Hedwig (2. u.3. v. r.) hatten 1913 ein Haus in der Genossenschaftssiedlung in der Schwarzlackenau gekauft. Doch dann hatte der Krieg begonnen und die Zeit reichte gerade für einen Ausflug in den Jedleseer Aupark (Foto von 1915). Bild: Archiv Mathias Marschik.Besonders an den Abhängen des Bisamberges wurde Weinbau betrieben, der ‚Brünnerstraßler‘ zeugt noch davon. Hier ein Erinnerungsfoto der Familie Spindler aus Großjedlersdorf mit den Lesehelferinnen, bevor die Trauben im Bottich mit dem Pferdefuhrwerk zum Presshaus gebracht wurden. Bild: Bezirksmuseum Floridsdorf.Der FTV 1865 führte bereits 1901 eine Frauen- und Mädchenriege ein, an der sich anfangs 14 Turnerinnen beteiligten. Dabei wurde auf Bürgerlichkeit ebenso geachtet wie auf angebliche biologische Unterschiede: Angestrebt wurde ein elastischer und den mütterlichen Aufgaben gemäßer Frauenkörper. Bild: Bezirksmuseum Floridsdorf.Die Floridsdorfer Hauptstraße um 1905. Zumindest nahe dem Zentrum beherbergte fast jedes Haus mehrere Geschäftslokale wie den Siebmacher Ignaz Obermayer, den Lederzuschneider Josef Glasner und den Bäcker Franz Meissl. Hier siedelten sich auch viele jüdische Geschäftsleute an. Bild: Bezirksmuseum Floridsdorf.Ein frühes Bild von Floridsdorfer Honoratoren: Viehhändler Lepold Loidl, Fleischhauer Kaspar Hager, Bürgermeister und Bäcker Georg Puffer sowie Gastwirt Johann Schöpfleuthner, Mitglied der Gemeindevertretung. Das Bild entstand vermutlich im Spitzwirtshaus, das ab 1887 als Gemeindehaus diente. Bild: Bezirksmuseum Floridsdorf.Cover ,Wien-Floridsdorf. Bürgerliches Alltagsleben im 21. Bezirk 1880 bis 1960‘ . Bild: Sutton Verlag.
Höhepunkt im Buch sind sicher die vielen privaten Fotos und Darstellungen aus dem Floridsdorfer Alltagsleben. Denn Zinskasernen, Industriebetriebe und die wichtigsten Straßenzüge findet man oft auch auf Postkarten. Marschik: „Fotos aus dieser gutbürgerlichen Kultur waren schwer zu finden. Ich habe auch mein eigenes Familienalbum geplündert.“ Gabriele Dorffner ist auch Mitarbeiterin im Floridsdorfer Bezirksmuseum und weiß sehr gut: „Wir bekommen oft Haushaltsgegenstände gespendet, aber leider keine Fotoalben. Wenn jemand Alben hat, bitte unbedingt melden. Die Schätze müssen bewahrt werden!“
,Bürgerliches Alltagsleben im 21. Bezirk‘ ist eine ausgezeichnete Ergänzung zu den bekannten Floridsdorf-Büchern und für Freunde der Lokalgeschichte des 21. Bezirks eine Pflichtlektüre. -Hannes Neumayer
Wien-Floridsdorf. Bürgerliches Alltagsleben im 21. Bezirk 1880 bis 1960; Gabriele Dorffner und Matthias Marschik, 128 Seiten. Am 5. Oktober (18 Uhr) präsentieren die Autoren ihr Buch im Bezirksmuseum Floridsdorf.
Cover ,Wien-Floridsdorf. Bürgerliches Alltagsleben im 21. Bezirk 1880 bis 1960‘ . Bild: Sutton Verlag.
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