„Dort wollen nicht mal die G’scherten steh’n

2720
Leopold Klager. Bild: DFZ.
Leopold Klager. Bild: DFZ.
Stein

Pandemie, Parkpickerl und Personalmangel. Es sind aktuell die drei großen ‘P’, die Floridsdorfer Heurigenwirteauf die Palme bringen. Speziell das Parkpickerl vertreibe die Gäste nach Hagenbrunn oder Langenzersdorf, klagen viele der Heurigen.

„Ein Drittel unserer Gäste kommen aus Niederösterreich. Ich höre derzeit oft den Satz: ‘Dann fahr’ ich lieber nach Hagenbrunn’“, berichtet Ernst Strauch. Das Jahr lief für den Strebersdorfer Winzer und Heurigenwirten durchwachsen: „Der Jänner war eine Katastrophe. Wenn es so weitergegangen wäre, hätten wir ans Zusperren gedacht. Der Mai war zum Glück ein Comeback“, so Strauch. Wenn die Leute fortgehen, dann alle auf einmal, so seine Erfahrung. Und obwohl er mit Schilling und Hannes einen Parkplatz anbieten kann, reicht der dann nicht mehr, um allen Gästen Platz zu bieten. „Wir haben das gleiche Problem, wie die Leute, die etwa in den Neubauten hinter den Schulbrüdern wohnen: Die Öffi-Anbindung ist speziell am Abend eine Katastrophe. Da brauchst du 45 Minuten bis zum Jonas-Platz, das ist für die Gäste nicht zumutbar. Die Gemeinde rühmt sich die Welthauptstadt des Weins zu sein und uns lasst man verkommen.“

Karl Lentner bei der lese. Bild: Privat.
Karl Lentner bei der lese. Bild: Privat.

In Jedlersdorf freut sich Winzer Karl Lentner über das für seine Trauben perfekte Wetter und erwartet zum siebenten Mal in Folge ein gutes Jahr. Auch mit seinem Heurigen in der Amtsstraße ist er „eigentlich ganz zufrieden“. Ihm macht auch die Personalsuche, speziell im Sommer zu schaffen. Wie dramatisch die Situation in der Gastronomie ist, zeigt etwa auch der Langenzersdorfer Terrassenheurige Trimmel: Weil
Personal fehlt musste man Montag und Dienstag wieder zu Ruhetagen machen.

Die Parkplatzsituation ist in der Amtsstraße zumindest für Anrainer entspannt, berichtet Lentner: „Das Parkpickerl ist für uns natürlich nicht gut. Mein Lösungsvorschlag wäre, dass ab 18 Uhr ohne Pickerl geparkt werden kann.“

Auf der höchsten Palme ist derzeit Leopold Klager, Obmann der Stammersdorfer Winzer. Die Geschäfte liefen „im April und im Juni schlecht“. Für ihn hat das viel mit dem Parkpickerl zu tun. Denn die Öffi-Anbindung von Stammersdorf ist auch schlecht: „Bester Beweis: Der Senderparkplatz am Bisamberg ist leer: Dort wollen nicht mal die G’scherten stehen.“ Die G’scherten, nämlich die in Hagenbrunn, würden sich jetzt über viele seiner (ehemaligen) Gäste freuen: „Die sagen mir jetzt: ‘Tut mir leid, aber wegen dem Parkpickerl kann ich nicht mehr kommen!’ Öffis sind ja in Stammersdorf keine Alternative: Bei uns fahrt der letzte Bus um 21 Uhr. Für Wien ist das ein Armutszeugnis – sogar in Gerasdorf fahrt der Bus bis Mitternacht.“

Klagers Wunsch: Der Bus soll bis 1 Uhr nachts fahren oder das Parkpickerl nur bis 16 Uhr gelten.

Bezirksvorsteher Georg Papai erklärt einer lokalen Änderung der Parkpickerlzeiten eine Abfuhr: „Nein, es wird kein Aufweichen der Regelung geben.“ Denn sonst hätte man in Stammersdorf und Strebersdorf das Problem der Verlagerung und es gäbe wieder keine Parkplätze. Sein Tipp: „Ich würde mir wünschen, die Heurigen überdenken ihr Marketingkonzept. Einige sind auch am Wochenende, wenn das Parkpickerl nicht gilt, nicht bummvoll.“ In Bezug auf Intervallverdichtungen sei „die Stammersdorfer Straße im 21. Bezirk nicht oberste Priorität“.
Klagers Namensvetter Gerhard Klager hat zur Eigeninitiative gegriffen und gegenüber seines Heurigen einen Parkplatz eingerichtet, den er bewirbt: „Ohne Pickerl zum Heurigen – eigener Parkplatz im Haus Nr. 13.“

Bezirksvorsteher Georeg Papai (SPÖ). Bild: BV21.
Bezirksvorsteher Georeg Papai (SPÖ). Bild: BV21.

Für Leopold Klager stellt sich eher die Frage wie es auch wegen all der Behördenauflagen mit „der Perspektive für die Zukunft aussieht? Die Jungen wollen sich das nicht mehr antun. Vielleicht reichen 100 Jahre ja …“

Derzeit macht übrigens folgende Geschichte in Stammersdorf die Runde: Anfang Juni hatte ein bekannter Heuriger am Sonntag Vormittag einen seiner bei Gästen beliebten Frühschoppen. Bereits eine Woche zuvor (!) machte ein Anrainer eine Anzeige wegen voraussichtlicher Lärmbelästigung. -Hannes Neumayer