Streifzüge mit einem „Spitzbub“

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Gerald Pichowetz. Bild: Gloria Theater.
Gerald Pichowetz. Bild: Gloria Theater.
Stein

Meine lieben „Fluaridsduafa“! Am 18. Juni wäre Anton Strobl 95 Jahre alt geworden. Nun werden manche von Euch mit diesem Namen nicht gleich etwas anfangen können. Was sich aber bei fast allen von diesen ändert, wenn man ihn so nennt, wie er zeitlebens genannt wurde: „Toni Strobl“, der „Spitzbub“.

Das einzige Kind eines Straßenbahners wuchs offiziell im Schlingerhof auf, war aber viel häufiger im Spitzerpark und auf der Müllhalde anzutreffen. Seinen Spitznamen „Binki“ verdankt er seinen Eskapaden, nach denen ihn seine Mutter mehrmals, mit einem Binkerl am Stecken ausgestattet, vor die Wohnungstür bugsiert hat. Da sahen ihn Freunde und Nachbarn und der Spott ließ nicht lange auf sich warten. Nach der Übersiedlung der Familie in die Werndlgasse benutzte diesen Spitznamen auch ein Nachbar aus der Nebenstiege, ein vom ihm artig mit „Onkel Franzi“ titulierter, freundlicher Mann mit runder, dunkelrandiger Brille.

Später war dieser Floridsdorfer Bezirksvorsteher, danach Wiener Bürgermeister und schließlich sogar Österreichischer Bundespräsident. Der Mann hieß Franz Jonas. Toni Strobl verdiente sein Geld nach dem Krieg zunächst in der „Sowjetischen Mineralölverwaltung“, der späteren ÖMV und heutigen OMV, hatte aber daneben bereits als Heurigenmusiker ein Zusatzeinkommen. 1953 kreuzten sich seine Wege mit jenen des Tanzorchesterakkordeonisten Helmut Schicketanz und des Soldatenclub-Jazzmusikers Helmut Reinberger im Heurigen des Wirtes Ferry Sidlo in der Jedleseer Straße.

Die nun als „3 Spitzbuben“ Firmierenden spielten zudem auch beim Wannemacher in Strebersdorf und auch bei Maria Kracher in der Kahlenberger Straße, von welcher sie schließlich ihr Weg bald zu Erwin Klein in die Hackhofergasse führte, wo sie von 1959 bis 1972 zur Legende reiften. Toni Strobl war danach noch bis 1993 in verschiedenen Gruppierungen aktiv und verstarb am 12. Mai 2006 auf dem Weg zu seinem Arzt. Mit Gemeinderatsbeschluss vom 10.6.2008 hat man den „Binki“ an der Kreuzung Deublergasse / Anton Störck-Gasse / Gerstlgasse mit dem „Toni-Strobl-Platz“ verewigt. Sein heute vielleicht politisch korrekt als derb empfundener Humor wird mir immer ein aufmunternder Begleiter bleiben.

Bleibt mir gesund und lacht, sooft Ihr könnt! Euer Gerald Pichowetz