„Beschleunigung und Verdichtung der Straßenbahn sinnvoller als U6-Verlängerung“

2001
Heinz Berger. Bild: Grüne.
Heinz Berger. Bild: Grüne.
Stein

Heinz Berger, Spitzenkandidat der Floridsdorfer Grünen, im großen DFZ-Interview vor der Wien-Wahl am 11. Oktober.

Der Bahnhof Floridsdorf bleibt sicherheitspolitisch Dauerbrenner: Wie soll das Sicherheitsgefühl vor allem für Frauen und Familien verbessert werden?

Wir wollen eine Stärkung der Sozialarbeit und der Exekutive, insbesondere in den Abendstunden und die Einrichtung eines Tageszentrums für Alkohol- und Drogenkranke. Die Ausschank von Alkohol auf den diversen Märkten und Kirtagen am Franz-Jonas-Platz soll eingestellt werden! 

Soll das Bezirkszentrum rund um den Spitz verkehrsberuhigt werden? Wenn ja, wie?

Ja, es soll eine Begegnungszone rund um das Amtshaus eingerichtet werden, um die Aufenthaltsqualität zu steigern. Kleine Lokale und Kulturveranstaltungen könnten dann das Bezirkszentrum beleben.

Öffentlicher Verkehr: Soll es eine U6-Verlängerung geben?

Alle Wienerinnen und Wiener wissen, dass dort wo die U-Bahn hinfährt, Hochhäuser gebaut werden. Wenn man also die U6 verlängern möchte, sollte man die Anrainer*innen nicht hinters Licht führen, sondern vorher fragen, ob sie gerne Hochhäuser in Stammersdorf haben wollen. Da ist wohl eine Beschleunigung und Verdichtung der Straßenbahn sinnvoller.

Alle Interviews mit Kandidaten der sechs in der Bezirksvertretung vertretenen Parteien:
Judith Lederer (NEOS): „Niveaufreie Kreuzung durch eine Absenkung der Angyaföldstraße unter die Donaufelder Straße“

Hans Jörg Schimanek (WIFF): „Floridsdorf darf nicht mehr wachsen und soll eine der „Grünen Lungen“ Wiens werden!“

Erol Holawatsch (ÖVP):„ Das Parkpickerl ist für Floridsdorf nicht die richtige Lösung“

Heinz Berger (Grüne): „Beschleunigung und Verdichtung der Straßenbahn sinnvoller als U6-Verlängerung“

Wolfgang Irschik (FPÖ): „Floridsdorf verträgt sicher keine 200.000 Einwohner“

Georg Papai (SPÖ): „Floridsdorf wird immer attraktiver – viele junge Familien wollen ihren Lebensmittelpunkt nach Floridsdorf verlegen“

Öffentlicher Verkehr 2: Ihre drei Wünsche?

Wir wollen die Straßenbahnlinie 27 von Groß Jedlersdorf nach Kagran, einen Bus zum Schicht-Areal und einen Schnellbus von Bhf. Strebersdorf über Stammersdorf zur U1 Leopoldau.

Fahrrad: Soll es Maßnahmen zur Verbesserung für Radler geben? Wenn ja, welche?

Baulich getrennte Radwege entlang allen Haupstraßen B (Brünner -, Prager –  Donaufelder Straße), Aufhebung der Benützungspflicht auf allen gemischten Geh- und Radwegen, bessere Querungsmöglichkeiten im Bezirkszentrum, Fahrradstraße An der Oberen Alten Donau, Fahrradpiktogramme (Sharrows) statt Radfahrstreifen auf zu schmalen Straßen.

Brünner Straße oder die Kreuzung Angyalföldstraße und Donaufelder Straße sind Hotspots: Was wären Lösungen? Wie stehen Sie zur B232? 

Die Lösung dieser Probleme kann nur im Ausbau und in der Verdichtung des öffentlichen Verkehrs gefunden werden. Die B232 würde keine Probleme lösen, sondern nur vorhandene Probleme verschärfen und z.B. noch mehr Autos an der Kreuzung Angyalföldstraße / Donaufelder Straße bringen, was dort zum völligen Kollaps führen würde. 

Immer mehr Floridsdorfer klagen über Parkplatzprobleme: Wie sieht ihre bevorzugte Lösung zur Parkraumüberwachung aus?

Im Umfeld der S-Bahn- und U-Bahn-Stationen verkommt Floridsdorf zum Parkplatz für niederösterreichische und andere Pendler*innen. Hier hätte man längst das Parkpickerl einführen können. Daher befürworten wir die Verhandlungen der Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Birgit Hebein mit Verkehrsexpert*innen, Vertreter*innen der Wirtschaft und den Bezirken zur Einführung kleinräumiger, preislich abgestufter Parkraumbewirtschaftung für ganz Wien. Im Übrigen gibt es zu jeder Tages- und Nachtzeit sehr viele freie Stellplätze in Parkgaragen in allen Bezirksteilen.

Heuer werden 4000 neue Wohnungen im 21. Bezirk bezogen. Viele Floridsdorfer beklagen die massive Neuverbauung: Verträgt der Bezirk noch mehr Einwohner, auch 200.000?

Sowohl die Klimakrise als auch die Covid19-Pandemie sind Anlass für uns innezuhalten und ältere Vorhaben zu überdenken. Auch die Stadtentwicklung soll sich erst einmal neu orientieren und die vorliegenden Pläne bezüglich Klima- und Pandemieverträglichkeit adaptieren. Wir wollen den grünen Charakter von Floridsdorf erhalten und setzen uns daher zur Schaffung neuen, notwendigen Wohnraumes für die Verbauung bereits versiegelter Flächen (Industriebrachen, Parkplätzen, …) und die Überbauung von Supermärkten etc. ein. 

Der Einwohnerzuwachs in Wien schwächt sich ab: Sind Sie dafür die 2. und 3. Etappe der Bebauung des noch unverbauten Donaufelds auszusetzen? Warum (nicht)?

Da bisher die Anzahl der 6000 hier geplanten Wohnungen für den Floridsdorfer Bezirksvorsteher absolut nicht diskutierbar war, freuen wir uns sehr über den aktuellen Schwenk in der SPÖ-Linie und treten gerne in Verhandlungen über den Erhalt von mehr Grünflächen für die lokale Nahversorgung mit frischem Gemüse ein!

Welche Maßnahmen oder Projekte schlagen Sie zur Verbesserung der Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen vor?

Der öffentliche Raum muss wieder ein attraktiver und sicherer Aufenthaltort für unsere Kinder und Jugendlichen werden. Das heißt wir brauchen an vielen Orten Verkehrsberuhigung mit Temporeduktion, Begegnungszonen und Wohnstraßen.

Seit dem Jahr 2000 gibt es mehr als 40.000 neue Floridsdorfer: Wo braucht es neben dem Verkehr verstärkte Infrastrukturmaßnahmen (Schule, Gesundheit, Geschäfte, …)?

Wir brauchen mehr Fachärzt*innen, Pflegekräfte, weiterführende Bildungseinrichtungen, Kultur- und Sozialeinrichtungen, Nachbarschaftszentren und dezentrales Gewerbe.

Inhaltliche Wahlansage, wofür stehen Sie/Ihre Partei?

Machen wir Floridsdorf vom Nachzügler zum Vorreiter für Klimaschutz, für die Belebung des öffentlichen Raums, für die Verkehrswende, für die Überbauung von Supermärkten, Industriebrachen und Parkplätzen.

Ihr Wahlziel (BV/GR)?

Wir wollen das beste Ergebnis erreichen, das wir bisher bei BV- und GR-Wahlen hatten.

Ich liebe Floridsdorf weil, …

… hier Urbanität und Natur so nahe beieinander liegen: Ich liebe die Gründerzeitbauten, die alten Dorfensembles, die Kirche am Kinzerplatz, die Gemeindebauten und hoffe, dass die wenigen noch vorhandenen Reste der Industriearchitektur erhalten bleiben. Ich liebe die Gemüsefelder, die alte Donau, den Wasserpark, den Marchfeldkanal und ganz besonders den Bisamberg mit seinen Weinrieden und Kellergassen.